Hymne

[492] Unendliche Wasser rollen über die Berge,

Unendliche Meere kränzen die währende Erde,

Unendliche Nächte kommen wie dunkele Heere

Mit Stürmen herauf, die oberen Wolken zu stören.


Unendliche Orgeln brausen in tausend Röhren,

Alle Engel schreien in ihren Pfeifen,

Über die Türme hinaus, die gewaltig schweifen

In ewiger Räume verblauende Leere.


Aber die Herzen, im unteren Leben verzehret,

Bei dem schmetternden Schallen verzweifelter Flöten

Hoben wie Schatten sich auf im tödlichen Sehnen,

Jenseit lieblicher Abendröten.
[492]

Quelle:
Georg Heym: Dichtungen und Schriften. Band 1, Hamburg, München 1960 ff., S. 492-494.
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