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[564] Was schauderst du, wenn unser Blick entflammt?

Es krampft sich deine Hand dir unbewußt.

Sind wir denn, ich und du, verdammt,

Den Brand zu wühlen in die Brust?


Ich fühl's an deinen feuchten Händen,

Du weißt es, was wir einsam träumen.

Das Schicksal können wir nicht wenden.

Es hilft uns nicht, daß wir uns bäumen.
[564]

Von Schönheit trunken muß ich dich genießen,

Des Wunderleibes Pracht begreifen,

Daß du und ich im Jauchzen eins verfließen,

Daß wir uns brünstig lichtwärts reifen.


Du, schlag dir deine Brust, daß du bekämpft

In falscher Scham die unerhörte Glut.

Aufs Lager fließt das Licht gedämpft.

Mir rast nach dir und hämmert dumpf mein Blut.


Ich muß verbrennen, es verzehrt mich.

Die Arme werden dürr vor Glut.

Schon viel zu lang hast du gewehrt dich.

Die Kraft ringt sich hinauf, es schwillt die Flut.[565]

Quelle:
Georg Heym: Dichtungen und Schriften. Band 1, Hamburg; München 1964, S. 564-566.
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