Elfte Scene.


[382] Vorige. Franz Arndt drängt sich durch das Volk.


ARNDT.

Platz! Captän Nettelbeck hat mich gestellt.[382]

NETTELBECK.

Schon fertig, Arndt? Die Rose wird Euch geben;

Ich muß zum Brand.


Will gehen.

Der Gefreite ist indessen an den Schreibsecretär getreten, nur von Rose bemerkt, und hat einen Blick auf das offen daliegende Schreiben geworfen.


ARNDT.

Komm' eben davon her;

Ist nicht der Rede werth mehr, denn der Wind

Hat umgesetzt.

NETTELBECK.

Nun Gott sei Lob und Dank!

So geht nach Hause, liebe Freund' und Nachbarn;

Wir kommen jetzt hier schon allein zurecht.


Die Leute auf der Straße zerstreuen sich.


ROSE.

Mein Herr Gefreiter –

GEFREITER den Brief in der Hand.

Lassen Sie mich, Jungfer!

NETTELBECK der mit Würges und Arndt gesprochen hat.

Nun seht ihr wohl – doch reinen Mund! Auch denk' ich,

Man wird mir wol erlauben, den Arrest

Hier abzusitzen –

ROSE.

Pathe, Euer Brief –

NETTELBECK.

Ha, schnüffelt mir der Spitzbub – Herr Gefreiter,

Was untersteht Ihr Euch –?

GEFREITER.

Ich darf nicht dulden,

Daß Ihr als Arrestant Complotte schmiedet.

ROSE.

Das Schreiben ward noch vorher aufgesetzt.

GEFREITER.

Gleichviel! Es darf aus dem Arrest heraus[383]

Nicht abgesendet werden, ohn' Erlaubniß

Des Commandanten –

WÜRGES.

Bomben und Granaten!

Ich will dem Bürschchen –


Zieht den Säbel.


GEFREITER ebenfalls ziehend, heftig.

Kommt! Ihr habt noch was

Auf meinem Kerbholz von vorhin.


Sie wollen handgemein werden.


NETTELBECK dazwischentretend.

Steckt ein!

O schämt euch alle beide! Wetter auch!

Der Feind vorm Thor, und die ihn schlagen sollten,

Landsleute, Brüder, brechen sich die Hälse

Zum Zeitvertreib? Steckt ein, ins Herrgotts Namen!

Ihr aber bringt den Fetzen Eurem alten –!


Hustet.


Mir ist es gleich, er lies't nichts Neues drin.

GEFREITER.

Ich will mir neue Instruktionen holen,

Herr Nettelbeck, ob ich im Hausarrest

Euch lassen darf. Doch erst versprecht Ihr mir,

Nicht einen zweiten Brief, wie den, zu schreiben.

NETTELBECK.

Du bist ja mächtig accurat, mein Sohn.

Nein, daraus kann nichts werden.

GEFREITER commandirend.

Angetreten!

ROSE rasch und leise zu Nettelbeck.

Thut's, Pathe, thut's! Ich steh' für Alles ein.

NETTELBECK.

Blitzmädel! Du? Was willst du –? Na, mein Sohn,

Es bleibt dabei, ich schreibe keinen Brief.

GEFREITER.

Ich dank' Euch! Gewehr auf!

WÜRGES.

Und marsch mit euch!


Gefreiter und Wache ab.


Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke. Band 10, Berlin 1872–1910, S. 382-384.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Colberg
Dramatische Dichtungen: Bändchen 5. Colberg
Colberg: Historisches Schauspiel in Fünf Akten (German Edition)

Buchempfehlung

Pascal, Blaise

Gedanken über die Religion

Gedanken über die Religion

Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.

246 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon