Vierte Scene.


[284] Don Juan. Leporello.


DON JUAN. Sie geht. Gehe nur hin! Meine Worte gehn mit dir. Wenn du niederkniest vor dem Altar und das lateinische Ammenlied der Pfaffen deine junge Seele in Schlummer singen will, wird meine Lästerung als eine süßere Musik dir im Ohr tönen und dein begehrliches Herzchen wecken. – Leporello!

LEPORELLO. Herr![284]

DON JUAN. Geh ihnen nach, häng dich an die Alte, forsche, woher sie sind, ihren Namen und Stand –

LEPORELLO. O Herr, wollt Ihr wirklich um diese herbe grüne Jugend – während in Neapel Hunderte der schönsten und gefälligsten Damen –

DON JUAN. Willst du mich lehren, Bursch, wonach mich gelüsten soll? Es ist Zeit, daß wir uns trennen. Dein langer Dienst hat dich allzu dreist gemacht.

LEPORELLO. Aber bedenkt doch, Herr! An so einem unreifen Aepfelchen beißen sich jüngere Zähne stumpf.

DON JUAN. Unverschämter! Weil du die Haare zählst, die mir an den Schläfen ergrauen, meinst du, ich sollte bequeme Freuden einem stolzen Wagniß vorziehen? Wenn Weiberliebe uns in den Schooß fällt, wie eine überreife Frucht, – wen ekelt da nicht bald vor dem süßen Einerlei? Nur daß sie einen Willen haben, der unserm Willen erliegt, das macht sie immer neu begehrenswert. Der Löwe rührt nichts Todtes an. Das Sträuben und Zittern seines Opfers würzt sein Mahl. Geh und thu wie ich gesagt. Ich erwarte dich hier.


Setzt sich.


LEPORELLO für sich. Er ist ein Ungeheuer. Aber Den will ich sehen, der ihm widerstehen kann! Ab nach links.


Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke. Band 11, Berlin 1872–1910, S. 284-285.
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