2.

Joseph Freiherr v. Eichendorff

[540] Der scheidenden Romantik jüngster Sohn,

Ihr Benjamin, statt aller andern Gaben

Erbt' er allein das Wunderhorn des Knaben,

Nie sich ersätt'gend an dem einen Ton.


Spurlos ist ihm die Zeit vorbeigeflohn,

Indes er lag in Waldesnacht vergraben:

Mondschein und leises Wipfelrauschen haben

Ihn eingewiegt, der wachen Welt zum Hohn.


Ein ew'ger Jüngling, trug im Herzen tief

Er zu der schönen Frau die sel'ge Minne,

Die durch den Wald zog, Goldschein um die Locken.


Und während er »Krieg den Philistern« rief

Und rein und heiter schwärmen ließ die Sinne,

Lauscht er in Andacht Rom's verschollnen Glocken.

Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke, 3 Reihen in 15 Bänden, Reihe 1, Band 5, Stuttgart 1924, S. 540.
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