Krol Duch

[98] So ein Menschensinn,

Ihr wißt ja nicht,

Wie groß der ist,

Wie gewaltig und fest!

Weilend und eilend

Ein Proteus.

Überallhin, überallhin

Reichen reine Kräfte,

Die sich der Triebe begeben.

In zarten Farben

Atmet der Geist ein seliges Leben,

Bange vor Fülle.

Alles ist von Blumen zu,

Wo gibt es ein Ende?

Über alles rieselst du hin,

Göttlicher Geist,

Und schaust dein selber

Beschwichtigtes Schicksal,

Und freust Dich,

Eines gewaltigen Vaters der Dinge,

Der nirgends wohnt,

Um so glutender naht seine Kraft

Den wachsenden Söhnen,

In ihnen wächst er drängend

Über die Erden,

Neu sie erschaffend,

Unverlassen,

Anders gestaltet,

Kann er die Welten

Und ihr buntes leuchtendes Leben

Ruhend aus sich tun.

Sein Sein schon ist Leben.

Farbige Weihe,

Ungeheure Angesichter[99]

Her zu mir gestellt

Aus der Unendlichkeit,

Und starke deutliche Hände

Mit festen brüchigen Daumennägeln,

Knoten an den Gelenken

Und blauen täglichen Ärmeln,

Oder ziegelroten

Und breitem, weißen, lässigen Aufschlag,

Die kommen mir aus dem klaren,

Dem Blicke weichenden Himmelsgewölbe.

Ein Wortbauer,

Gestalten sinnend,

Gesetze gewinnend

Von hüben

Und drüben,

Zuwartend,

Rein mich putzend

Und liebend, liebend.

Die brennende Sehnsucht

Zum weiteren

Leben und Tod

Und Sterne

Und Sonnenbahnen

Aus meinem helleren,

Tieferen Geiste zu lesen,

Sie wird gestillt nach Gesetzen

Zur Zeit.


Quelle:
Peter Hille: Gesammelte Werke. Berlin 1916, S. 98-100.
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