24. Inventarium

§. 24.


Inventarium

[105] denke, welches ohne Subtilitätenklauberei in optima forma abgeschlossen ward. Der Nachbar war bei dem Abschlusse so thätig gewesen, daß der Baron eine große Meinung von ihm bekam, da er bei einer Sache, die doch außer seinem Geschäftskreise lag, so viele Einsicht und Thätigkrit bewiesen hatte. Zwar hieß es, der Nachbar habe im Trüben gefischt, und wenn gleich die eheleibliche Tochter des Emsigen ihm nicht zu Theil geworden, doch in casu den besten Theil erwählt; indeß war alles schwarz auf weiß, und dem Ritter lag nur daran, zu wissen, woran er wäre, und nicht quid juris. Wenn die Herren Juristen nur so gütig seyn wollten, dieß gegen dreimal so viel Kartengeld, als sie jetzt einziehen, den armen Leuten in kürzerer Zeit zu verkaufen, als jetzt, wo denn auch nichts mehr für das Geld gegeben wird, als Geduldslehre! –[105] Wär' es wahr, daß es nur drei Reihen Geschriebenes braucht, um jemanden mit Ehren an Galgen und Rad und, was natürlich leichter ist, um Ruf und Vermögen zu bringen, so verdiente unser Nachbar das Zutrauen, welches ihm der Ritter durch das Anerbieten bewies, das Geld auf landübliche Zinsen in seine Handlung zu geben. Nur erst nach vielen Schwierigkeiten, und bloß wegen des grenzenlosen Zutrauens, welches der Ritter in ihn setzte, erfolgte endlich ein aufrichtiges Jawort; und der Ritter entging durch dieses Ja der gewiß nicht kleinen Sorge, ein so ansehnliches Capital unterzubringen. Dazu kam noch, daß er nun die Anträge so mancher Ritter und Herren, womit man ihn, außer dem Kasten-Assessor Nr. 3., gleich nach des Emsigen Tode bestürmt und besäuselt hatte, geradezu von der Hand weisen konnte. Da sehen die Frau Schwester mit den Holländerzähnen, wenn der Ritter auch wollte – kann er? Die Wechsel, die der Ritter acht Tage nach dem Ableben des Emsigen gestellt hatte, und die wegen ihres sonderbaren Verfalltages erwähnt zu werden verdienen, wurden bis zum letzten Heller bezahlt, und doch blieb unser Ritter schuldenfrei, und besaß herrliche, Güter, welche, ohne die Kreuze mitzurechnen, zu den ersten im Lande gehörten, und außerdem noch ein Capital von einhundert und fünfzigtausend Thalern. Die


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 105-106.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
Hippel, Theodor Gottlieb von: Th. G. v. Hippels sämmtliche Werke / Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z. Theil 1
Hippel, Theodor Gottlieb von: Th. G. v. Hippels sämmtliche Werke / Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z. Theil 2