§. 40.


Der Bau

[231] ward dringend in Anregung gebracht. Es ist bereits §. 31 in Stein gehauen, wie die Ritterin zuerst den erhabenen Gedanken faßte, die heiligen Oerter in Rosenthal anzupflanzen, damit sie von Pilgern und Einheimischen besucht werden möchten. Das Geld bleibt bei dieser Jerusalems-Einrichtung im Lande und mehrt sich durch auswärtige Gäste – war, unter vielen wichtigen Gründen, ihr Finanzgrund, der gemeiniglich der schwächste von allen ist. – Das Finanzfach verdient überhaupt fast in allen Staaten, mehr als das Kabinet und die Hofhaltung, die Donnerworte Thue Rechnung von deiner Haushaltung, du kannst hinfort nicht mehr Haushalter seyn. – Ob man sich nun gleich mit diesen heiligen Jerusalems-Copien in Rosenthal nicht übereilen wollte, vielmehr in aller Stille ohne Wort und Hammerschlag diesen Bau zu vollführen beschloß, ob man gleich ferner, nach §. 33, unsern Ritter, der bloß auf Jerusalem bestand, mit Bethlehem und den Dorfhirten in die Enge trieb; und obgleich endlich verschiedene Trauerspiele von Jerusalem am X. Sonntage nach Trinitatis und in Sessionen des hohen Raths aufgeführt wurden, als wodurch dieser hauptheilige Ort wirklich schon geistig aufgebaut stand: – so schien jedoch niemand anders, als die Ritterin, die Anfängerin dieses guten Werkes, bestimmt, es zu vollenden. Nicht in pleno (ob sie gleich nach diesem Vorschlage saß, wo Männer saßen, und in dieser Gemeinde nicht schweigen durfte, vielmehr das Privilegium der Zungenlösung förmlich[231] erhalten hatte), selbst nicht an der Tafel, wo ein weibliches gutes Wort fast jederzeit auch eine gute männliche Stätte findet, sondern unter vier Augen fragte sie ihren ritterlichen Eheherrn in aller Unschuld und gewiß ohne Endabsicht: ob er der König David oder der König Salomo, oder Vater und Sohn zusammen in Einer Person seyn würde? Gern gönn' ich, fing sie an, unserem Sohne die Salomonische Ehre, nach dem Riffe zu bauen, den sein Vater ihm nachläßt. – Weiter ließ der edle Ritter die edle Ritterin sich nicht auslassen; er griff das Wort nachläßt fast unfreundlich und beim Kopf, und schwur: so lieb ihm sein Sohn sey, ihm doch den Salomonischen Bau nicht abtreten zu wollen, vielmehr sich morgen am Tage als David und Salomo in Einer Person zu zeigen (versteht sich, die Davidsche Kebsliebe und die etlichen hundert Salomonischen Weiber abgerechnet). So wahr ich Ritter bin, fügte er hinzu, – und die Ritterin sprach Amen zu diesem hohen Schwur. – Vom Sinnlichen zum Abstrakten ist der Richtsteig, den wir zu wandeln haben, und wir fangen vom Abstrakten an, um zum Sinnlichen zu gelangen – sagte der Ritter mit mehr Kälte, und nahm sich die Freiheit, seine Amazonin in puncto der Salomonischen Kebsweiberei zu fragen: ob dieselbe nicht etwa fremde unweise Gedanken gewesen wären, die auch dem Weisesten unter den Weisen den Weg der Weisheit vertreten? Ein liebevoller Kuß, den sie anfing, beschloß diese Scene. Den dritten Tag war


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 231-232.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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