§. 41.


Session.

[232] Da der hohe Rath zuvor bei jedem Schritt und Tritt unbehauene Steine des Anstoßes gefunden hatte, so war jetzt alles behauen und so passend, daß nur wenige leere Fugen blieben, wo der Kalk seine guten Dienste that, wenn er gleich nur da Haltung hat, wo Steine mitwirken; so wie das Genie ohne Kenntniß bei[232] trockenem Wetter auch abfällt. Man hatte sich anfänglich, obgleich im hohen Rath niemand des Zeichnens erfahren war, in den Kopf gesetzt, alle heilige Oerter abzuzeichnen; jetzt, da alles aut aut ging, begnügte man sich, bloß eine geistige Zeichnung anzulegen, und die leibliche dem Hiram aus dem nächsten Flecken gegen Geld und gute Worte anheimzustellen. – Die Schwierigkeitsfässer waren geleert und die Zweifel hatten im Fingerhut der Ritterin gemächlichen Platz. Die ganze Centnerlast von Bedenklichkeiten konnte der Ritter mit seinem Ohrfinger heben. – Er hatte lange und sehr wohlgebildete Finger.

Ist denn wohl, fing der Prediger an, um die Ritterin zu gewinnen, alles im gelobten Lande an Stell' und Ort? und kommt es denn bei Reliquien und Sanctuarien auf etwas mehr als auf den heiligen elektrischen Schlag an, den man bei dieser Gelegenheit ans Herz erhält? Jener Weise des Alterthums, welcher der Atheisterei beschuldiget ward, sagte: Ich biete meine Lehren mit der rechten Hand dar, und meine Zuhörer nehmen sie mit der linken. Muß man denn nicht an Conterfeie der Maler glauben? und was glaubt nicht alles der am reinsten denkende und abstrakteste Philosoph, was muß er nicht glauben, wenn er nicht verzweifeln und verzagen will? Dergleichen


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 232-233.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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