§. 43.


Uebersetzung

[236] stattfinden zu lassen. Vor allem die Kapelle des Grabes Christi. Das Grab zu allererst. – Beim Grabe den Stein, den der Engel weggewälzt, nicht zu vergessen. Beim Original-Grabe ist dieser nicht zu sehen, weil die Armenier ihn entwendet haben sollen; hier indeß ist dergleichen Diebstahl nicht vorgegangen; der Stein werde also immer gelegt. Melior compositio: Zweite verbesserte und stark vermehrte Auflage! Eine Kirche, wodurch das heilige Grab und der Ort der Kreuzigung in Obhut genommen wird, wie an Stell' und Ort, fand man bedenklich.

Pilati Hans kann nicht schaden. – Die Ritterin verlangte das[236] Schlafzimmer der Frau Landpflegerin Excellenz in vorzüglichem Geschmack, und behielt sich vor, wenn kein Pilger ihr zuvorkäme, hier auf einen Traum zu Gast zu gehen. Man wünschte ihr eine angenehme Ruhe! – Das Haus des reichen Mannes, zusammt dem Mahagonitische, von welchem die Brosamen dem Lazaro zugefallen, fand kein einziges Votum. Auf der Hütte des Lazarus bestand die Ritterin; indeß ward sie mit außerordentlicher Distinction abgestimmt. Von Zwillingen, sagte der Pfarrer, nimmt der liebe Gott immer Eins. – Das Haus des Hohenpriesters Hannas fiel weg. Auch Kaiphas bekam kein Haus, obgleich die christlichen Geistlichen freie Wohnungen haben. Beides waren Vorschläge des Pfarrers, der hier Zwillinge verlor. Die sogenannte verfluchte Erde, wo Judas mit der Schaar ankommt, die Stelle, wo die Jünger schliefen, ging einstimmig durch; nicht minder der Blutacker, wo die Pilger, wenn sie der Tod hier träfe, begraben werden sollten – Apostelgeschichte I, 18. 19., sagte der Prediger. Er hat für den ungerechten Lohn erlangt einen Blutacker zum Begräbniß der Pilger; und die Ritterin fügte hinzu: Gott lasse sie selig ruhen! sie kommen in ihr Eldorado. – Die gute Ritterin wird im Schlafkabinet der Frau Pontius Excellenz gewiß so glücklich nicht seyn.

Den Ort, wo Petrus dem Malchus das Ohr abgehauen, verbat der Ritter, weil man mit den Ohren behutsam seyn müsse. Wer das Schwert nimmt, fügte der Prediger hinzu, und übersetzte die Stelle: Wer das Schwert zieht, wider den wird das Schwert gezogen!

Oelberg! ein wichtiges Stück, leicht zu kopiren. Der Baum, woran Judas sich erhängt, fand keinen Beifall, und diese Reliquie ward, da in dem hohen Rath keiner ein sonderlicher Liebhaber von französischen Freiheitspfählen zu seyn schien, wie so manches andere überhüpft.

Der Prediger unterstand sich nicht, noch einmal Bethlehem in[237] Vorschlag zu bringen, so viel Lust und Liebe er auch zu Bethlehem hatte. Sein Wunsch, den Ort, wo Christus über Jerusalem geweint, mit einem Steine zu bezeichnen, ward dagegen einstimmig genehmiget.

Gar höchlich wunderte man sich, daß der Statthalter Christi nicht die heiligen Stellen insgesammt in Rom nach dem Leben kopiren lassen, wo alsdann, eben so wie in Rosenthal, kein Streit der römischen Kirche mit Griechen, Armeniern, Kopten und Mahomedanern zu besorgen gewesen wäre. Und warum, fing A B C an, (bravo!) warum heißt der heilige Vater diese Oerter nicht insgesammt spornstreichs nach Rom kommen? Diese Bergversetzung würde unter den vielen Wundern der Kirche doch wohl gewiß immer nur eine große Kleinigkeit gewesen seyn. Vielleicht würde der türkische Kaiser es sogar freiwillig den Engeln überlassen haben, diese heiligen Oerter, wie das Haus der Maria von Nazareth nach Loretto herüberzubringen. Ist denn kein Gott in Israel, der helfen könne, daß ihr hingehet zu dem Gott von Ekron? könnte es hier heißen; und man fand endlich in dieser Unterlassungssünde feine Politik des heiligen Stuhls, welche darin bestand, die tapfern braven Kerls der damaligen Zeit sich vom Halse zu schaffen, um in Europa desto freiere Hand zu behalten.

Wie viele Sessionen, deren Länge vorzüglich der Ritter so manche Elle zusetzte, auf so viele wichtige Deliberationen gegangen seyn mögen, kann man sich sehr leicht vorstellen. Das sind Hekatomben, die Collegia bringen, die, wenn sie gleich den Magen mehr als den Kopf angreifen, doch immer Opfer sind.

Diesen Jahrgang von Deliberationen beschloß der Pastor mit einer Extemporalrede über die Worte: Es kommt die Zeit und ist schon jetzt, daß man weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten wird. Die Idee dieses Baues ward als ein protestantisches Originalwerk, das alle protestantische[238] Ritter besuchen sollten, befunden. Jetzt entwarf man, auf den Fall, daß Pilger diese heilige Stätte bereisen würden, ein Beglaubigungsformular, nicht minder die Etikette, nach welcher den Reisenden diese Sanctuarien zu zeigen wären; und auf diese Postscripte von Gegenständen allein gingen sieben Sitzungen, wiewohl auch in denselben die Wohnungen, wo Pilger abtreten und ihres Leibes und der Seelen pflegen könnten berichtigt wurden.

Alles dieses meinen Lesern pünktlich mitzutheilen, würde sie mehr als mich


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 236-239.
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