§. 52.


Kreuzkabinet

[256] beschlossen, fürs erste im Schlosse, zu seiner Zeit in der Kapelle. Zu seiner Zeit! – Der Maurermeister sollte peremtorisch aufgefordert werden. Der arme Heraldicus junior! Er, der die Kreuzunterlassungssünde rügte, er, der Buße und Bekehrung bewirkte, erhielt, anstatt des wohlverdienten Dankes, eine derbe Weisung. Unverschuldet? Wie man will. Durch seinen heimlichen Muthwillen hatte er sie doppelt verdient. Er gebrauchte den Ausdruck: Es ist keinen Kreuzer werth. Der Ritter, dessen Gehör entweder durch Flüsse oder durch die Mütze, vielleicht auch durch beides, zuweilen litt, ward durch den Schall des Wortes verführt, und verband einen ganz fremden Sinn mit dem was Heraldicus junior sagte. – Sobald er seinen Irrthum eingesehen hatte, ward auf der Stelle ein für allemal verfügt, daß das Wort Kreuz nicht weiter so entheiligt und bis zur Scheidemünze herabgewürdigt werden sollte. In der Selbstvertheidigung ist der arme Junge, wie wir wissen, nicht glücklich. Wollte er sich entschuldigen, oder seine Gelehrsamkeit beweisen – ich weiß es nicht, kurz, er fiel tiefer, indem er bemerkte, daß auch die Aerzte und Apotheker sich des Kreuzes als eines Zeichen bedienten, und, wie er nicht anders wisse, † Essig, und wenn in jedem Winkel ein Punkt stände, abgezogenen Essig bedeute. – Essig! rief der Ritter voll heiligen Eifers. Ha! Mörder! mit Essig und Galle tränkt ihr den Sterbenden. Wißt! – und nun legten sich seine stolzen Wellen, da er sich wohlbedächtig erinnerte, daß er den Aerzten und Apothekern so wenig zu befehlen hätte, daß vielmehr regierende Herren den Recepten oder Rescripten ihrer Leibärzte und Hofapotheker unterworfen wären. (Eine andere Art von Schulmeistern und Nachtwächtern!) Heraldicus junior, dem seine Apothekerrechnung[257] von Vorwürfen diesesmal mehr als sonst zu Herzen ging, machte von Stund an einen Bund, mit dem Ehrenworte »Kreuz« säuberlich zu verfahren und es nicht unnützlich zu führen. Uebertreibung, denkt der Kunstrichter. Warum aber so arges in deinem Herzen? Woher, warum


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 256-258.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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