§. 103.


unschuldiger

[57] noch als bei der Nothtaufe, deren er zur Unzeit in Gegenwart des Herkules erwähnte. Die Frage: wohin? war sonst schon zwischen seinem Herrn und ihm debattirt, und es würde ihm von keinem andern als einem Candidaten des Lichts der Sonne übel genommen seyn, daß er mit außerordentlicher Bescheidenheit zu wissen verlangte: durch welches Thor? Beträgt diese Frage, fragte Michael sich selbst, bei weitem wohl die Hälfte der Frage: wohin? die du ohne Bedenklichkeit mit deinem Herrn abgehandelt hast? Du bist vorwitzig, Michael, erwiederte ihm unser Held: durch das Thor, durch das dich dein Pferd tragen wird, ist kurz und gut meine Antwort. Ich bedauere, gnädiger Herr, erwiederte Michael, daß seit der Zeit, da der Reitknecht mit Gewalt mein Vetter seyn will, ich Ihre Güte eingebüßt habe, obgleich ich an dieser Vetterschaft so unschuldig bin, als an seinem ungeschliffenen Einfall, Bruder Maurer zu werden. Wenn gleich vor alten undenklichen Zeiten ein Pferd bei einer Königswahl das entscheidende Votum hatte, und ein anderes das Consulat in Rom mit Würde bekleidete, und wenn gleich in neueren denklichen Zeiten, wo es der Wunderdinge weniger als im grauen Alterthum gibt, viele Pferde, besonders in Kriegszeiten klüger waren als die Feldherren, die darauf saßen, so würde es mir doch nicht anstehen, mich meinem Roß in Rücksicht des Thors zu überlassen. Schweig, Schwätzer! gebot der Ritter,[57] und Michael schwieg, völlig überzeugt, kein Schwätzer zu seyn. Der Stallknecht war mit seinem Herrn und Michaeln ausgesöhnt als er sah, daß der erste verdrießlich war und der andere diesen Verdruß empfand. Der gemeine Mann, der dienende Bruder im Staat (dem großen Maurerorden) steht es nicht ungern, wenn die Vornehmern Kummer und Verdruß haben. – Nicht ihres göttlichen Berufs und hohen Standes halber, sondern weil sie Feinde ihrer Feinde sind, liebt er die Fürsten. Die


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 57-58.
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