§. 125.


Verlängerung

[133] der Berechnung und des Aufenthalts, nicht minder eine Unterredung, die ich kurz fassen will. Der Ritter eröffnete, insoweit er dazu die Erlaubniß hatte, seinem Schildknappen etwas von den Ordensaussichten,[133] und fand ihn geneigter, als man denken sollte, die harten Begegnungen des Seelsorgers zu verzeihen und die Angst über die Vierzig weniger Eins in christliche Vergessenheit zu stellen. Nach einem gründlichen pro und contra glaubten beide Aspiranten, daß so wie die andere Welt sich auf die gegenwärtige gründe, dort auch, so wie hier Gute und Böse seyn müßten, Engel und Unengel, auch wohl gar Teufel. Ist es Wunder, fragten sie einander, wenn es an beiden Orten in die Kreuz und in die Quer geht? Und mag es, falls nur das Ende das Werk krönt! Vorbereitungsproben dieser Art sind vielleicht nöthiger als man denkt, um Glieder zu wählen, die sich nicht von jedem Winde hin- und herwehen lassen. Nicht gegen den Gerechten und Edlen, gegen den Unedlen und Ungerechten ist auf Sicherheit zu denken; und den Menschen auch von minder empfehlenden Seiten, und selbst von den widerlichsten kennen lernen – hat das nicht sein Gutes?

Endlich versicherte der Ritter den Knappen, daß der Seelsorger wenn man die Sache auf Urtheil und Recht aussetzen wollte, schwerlich ohne dreitägige Ordensstrafe abkommen würde. Aber, was soll das? fügte er hinzu. Ich bin nicht für Strafen, sie mögen Ernst oder Spiel seyn. – Auch können Hergänge dieser Art (Schein betrügt) Hieroglyphen zu wichtigen Aufschlüssen enthalten. Wahrlich, Umstände, die zur Noth dienten, das Unerklärliche der zeitherigen Verfahrungsart aus dem Unreinen heraus – ob aber ins Reine zu bringen? daran zweifle ich. Am Ende blieb der Seelsorger ihnen beiden eine fast zu starke Hieroglyphe. Seine Arglist gewann noch einen größern Grad der Stärke, als Michael hinging, um seinem Herrn die Instruction, die er vergraben und derentwegen so nahe an Vierzig weniger Eins gediehen war, unerbrochen vorzuzeigen; und stehe da! sie war nicht mehr.

Ich bin verloren, schrie Michael; – die Instruction!

Die Instruction?[134]

Ist geraubt, und das Kreuz unversehrt.

Das Kreuz?

Das ich zur Salvegarde für jeden Frevler und für mich zum Zeichen des Wiederfindens aufgestellt hatte.

Warum ein Kreuz und nicht ein minder auffallendes Merkmal? sagte der Ritter; und Michael dachte: Weil ich keins kenne, wodurch Seelsorger und Teufel selbst mehr in Respect zu setzen sind, – als ein


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 133-135.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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