137. Knappe

§. 137.


Knappe

[183] der im Rosenthal'schen Jerusalem nicht so bekannt war, wie der Ritter, konnte sich nicht so leicht finden; er schien sich zu wundern, wie es in aller Welt zuginge, daß Grabesritter, so wie regierende Herren, sich von Besitzungen nennen könnten, in denen ihnen kein Nagel zugehörte, und, will's Gott, auch nicht zugehören wird. Da Michael seinem Herrn in allen Graden und Orden knappengemäß[183] nachtrat – konnt' er wohl vom Grabe ausgeschlossen werden? Seine Aufnahme war ohne Prunk. Er sagte selbst: ich sterbe, ohne lange krank zu seyn, und werde ohne Geläute begraben! Wunderbar! (des Knappen eigene Worte, als man ihm die Begleitung seines Herrn in den Grabesorden erschwerte) als wenn unser einer nicht auch stürbe! Ungeachtet schon ein hülfleistender oder dienender Bruder bei dem Ordenshause war, und diese Zahl statutengemäß nicht vergrößert werden sollte, ward Michael, jedoch auf näheren Vortrag seines Herrn, angenommen: – zum Vorrathe, der selten schadet! Der Pomp, der in dem Rittersaale herrschte, trug zu Michaels voller Zufriedenheit reichlich bei. Er selbst hatte den Vorzug, eine Art von Ordenskleid zu tragen. Eines Tages (der Glaube ist nicht jedermanns und jedes Tages Ding) wandelten Michael Zweifel an, und er war unvorsichtig genug, zu behaupten: er wäre weit dankbarer gewesen, wenn der Orden geruhet hätte, ihm eine kleine Meierei in partibus fidelium, anzuweisen, die er gegen ganze Provinzen in partibus infidelium zu vertauschen kein arithmetisches Bedenken getragen haben würde. »War denn der Fräuleinsohn in seiner Meierei glücklich?« fragte der Ritter; »wird es Heraldicus junior seyn, der sie ihm abgekauft hat?« Michael hätte freilich dem Ritter erwiedern können, daß man mit Jerusalem auf der Karte sich hinlänglich begnügen könne, wenn man Rosenthal in natura habe. Indeß fielen bei ihm nur selten verzweifelte Tage ein, er war einer der gläubigsten und frohesten im Orden; seinen eigentlichen Collegen, den alten hülfleistenden oder dienenden Bruder nicht ausgenommen, den zehn Meiereien gegen die Bosheiten eines ungerathenen Sohnes, der ihm das Leben verbitterte, nicht entschädigt hätten. Unsere Damen würden es mir kaum vergeben, wenn ich nicht näher an die


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 183-184.
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