§. 88.


Abreise

[8] ward mit Genehmigung der Ritterin bestimmt. Der Pastor loci[8] ermangelte nicht, öffentlich zu beten und insgeheim zu wünschen. – Oeffentlich brachte er dem lieben Gott seinen Kirchenpatron in Erinnerung, und empfahl ihn der göttlichen Obhut in brünstig, damit er zur Freude und zum Trost der durch das Ableben des Ritters tiefgebeugten Frau Mutter Gnaden, mit Kenntnissen bereichert, sich selbst zur Ehre, seinem Geschlechte zur Zierde, und allen zur Bewunderung heimkehren möge, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, Amen. In seinen geheimen Wünschen ging er viel weiter. Da die meisten Menschen in ihren Gebeten eine gewisse Lebensart oder Bescheidenheit beobachten, so glauben sie, in ihren Wünschen – als hörte sie Gott nicht – dreister und ungezogener seyn zu können. Soll ich diese vor sich's mittheilen? – Ich dächte, meine Leser wüßten sie so gut, als der Pastor und ich. – Auch den Begleiter des Kirchenpatrons schloß er ins Oeffentliche und ins Geheime ein. Ueber die öffentliche Empfehlung der göttlichen Gnade und Treue ward, obgleich sie freilich nur beiläufig geschehen konnte, Michael bis zu Thränen gerührt. – Viele in der Gemeinde schluchzten – indeß so laut bei weitem nicht, als am zehnten Sonntag nach Trinitatis. – So wie der Ritter einige Tage vor seinem Ableben Abschied genommen hatte, so theilte auch die Ritterin, viele Tage vor der Trennung, ihrem Sohne das Schatzkästlein mütterlicher Lehren und Segnungen mit, unter denen Sophie natürlich eine Hauptrubrik ausfüllte. – Die Welt stand ihm offen; war es Wunder, wenn die Frage:


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 8-9.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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