§. 98.


Adoptionsloge

[45] gedacht, und mit Ausschluß des Begleiters, der als dienender Bruder ohne Bänder, Kreuze und Sterne blieb, und dem nur wenige unbedeutende Ordenskleidungsstücke bewilligt wurden, dem Junker angetragen, diesen Nebenweg noch einzuschlagen. Freilich hätt' er diese Seitenlinie immer noch mitnehmen können. – Ich habe zu bemerken vergessen, daß unser Held, so wie bei verschiedenen Maurerschwestern, so auch bei der Werbehauptmännin Bekanntschaft unterhielt, und daß, statt des vormaligen Vokalzutrauens gegen den Werbehauptmann, sich ein gewisser, galanter Consonantfuß eingefunden hatte, wodurch beide Theile gewannen. Warum unser vollendeter Maurer gegen die Adoptionsloge war? Weil die Werbehauptmännin keine kleine Rolle in ihr spielte, weil er alle Adoptionsmitglieder kannte, und weil Sophie in diesem Cirkel ein Fräulein Unbekannt war. Wichtige Gründe für unsern Junker (den wir von jetzt an – in Rücksicht des Schatzkästleins voll Bänder, Kreuze und Sterne, wodurch er jetzt schon mehr Rittergrade als Vornamen zählte – Ritter nennen wollen –), sich in nichts mit der Adoptionsloge einzulassen. »Desto besser,« sagte Michael. Warum? fragte der Ritter. Der Teufel könnte sein Spiel haben. – Wie meinst du das? – Ich meine, daß Gelegenheit Diebe macht, und daß bei aller Treue, die ich Fräulein Sophiens Begleiterin geschworen habe, es sich zutragen könnte, daß eine Begleiterin Bekannt jene Begleiterin Unbekannt verdrängen, und das letzte[45] Uebel ärger als das erste machen könnte. – Schweig, fiel der Ritter ein – im Munde eines Knappen ist's unanständig, auf der Zunge eines Ritters wär' es schändlich, ein so schlechtes Zutrauen zu sich selbst, zu seiner Gebieterin und zu den Paar Handschuhen zu äußern, das jeder von uns empfangen hat.

Es fiel zwischen unserm Ritter und Johannes eine treuherzige Unterredung vor, die das Nein des Ritters, in Hinsicht der Adoptionsloge, noch mehr gründete. Sind Weiber schon so weit, um mit Männern in dergleichen Verbindungen sich einzulassen? Haben sie bis jetzt einen andern Beruf, als alles in sich verliebt zu machen? Sie wollen, es gehe wie es gehe, es koste was es wolle, geliebt seyn. – Der Witz der Weiber, womit sie so reichlich ausgestattet sind, läßt dem Gedanken nicht Zeit, auszuwachsen. – Wäre Freund ABC minder ernsthaft, suchte er weniger die Räthsel der Menschheit aufzulösen, wozu dem Sucher (woran ich herzlich Theil nehme) im Orden so viel Vorder-und Hinterthüren geöffnet werden – ich riethe Ja! Jetzt Nein! – Freund Bruder! erwiederte der Ritter, ich erkenne und bekenne mit Dank, Ihr Schuldner zu seyn. Nie sollen Ihre sieben Dämmerungen aus meinem Kopf und Herzen weichen, und wenn gleich unsere Ordensaugen nicht gleich sehen, unsere Ordensohren nicht gleich hören, und unsere Verstandeskräfte sich nicht ähnlich sind – was thut's! Wir sind Brüder Freunde! Eine Wortverbrüderung, deren Nachdruck ich nie mehr als jetzt fühle, da ich meine Maurerbahn mit so viel kostbaren Graden, in gerader und Seitenlinie, schließe; meine Bänder, Kreuze und Sterne, bis auf ein Kreuz, das ich auf bloßem Leibe trage, und einen Stern, der auf dem Hintertheil meiner Weste glänzt, in ein Schatzkästlein lege, und es bei Ihnen, so wie meine Maurerbibliothek, bestehend aus seltenen Büchern und noch seltenern Manuscripten, deponire. Ohne Sie würd' ich Physik, Chemie und Astronomie nicht studirt, und dieß Dreiblatt von[46] Wissenschaften vernachlässigt haben. – Ohne Sie wäre der Werbehauptmann mein Vorbereiter gewesen; wahrlich, kein Johannes, der den Thomas neunmal neun überwiegt. – Sie wissen, ich suchte Sophien in allen Graden und mir zuerkannten Ehrenzeichen, ohne sie zu finden. – Der Rath, den mir viele unserer Groß- und Kleinmeister aufdrangen, ihretwegen an ferne Logen, besonders nach Sachsen, zu schreiben, ward ohne Wirkung befolgt. Was soll mir Adoptionsloge ohne Sophien? – was ein Paar Handschuhe mehr oder weniger, ohne die schöne Hand, der sie gebühren? Freund Bruder, erwiederte Johannes, auch der Werbehauptmann selbst würde, seiner Vokalgeheimnisse ungeachtet, die Gründe nicht entkräften, die fürs Nein sind. Die Damen der Brüder heißen Maurerschwestern; wie viel haben Sie derer, kraft Ihrer Kreuz- und Querzüge von Aufnahmen? Wollen Sie noch nähere Schwestern, Sie werden in der Adoptionsloge ohne Zweites nicht vergebens wollen. Sophien aber finden Sie hier nicht, wenn gleich diese Aspasia im Orden der Verschwiegenheit und in einer andern Maurer-Adoptionsloge Schwester ist! Unsere lieben Schwestern sind Werbehauptmänninnen, bei deren dreiviertelstündigen geheimen Unterredungen mit Officieren und Nichtofficieren gewiß nicht immer eine Kammerzofe gegenwärtig seyn wird, sie wäre denn gleichfalls in die Mysterien dieser geheimen Zusammenkünfte initiirt. Es blieb beim Nein! – Kräftig war der Segen, den Johannes auf den Ritter legte. Es trügt mich alles, oder Sie werden zu seiner Zeit finden, was Sie suchen – es wird Ihnen aufgethan werden, wenn Sie vorschriftsmäßig anklopfen; – bis dahin fassen Sie Herz und Seele in Geduld, wovon Sie oft rühmliche Proben ablegten. – O! des Trostes, dessen unser Ritter sich nicht würdiger zu machen glaubte, als wenn er sobald als möglich zu suchen sich entschlösse! Er bezahlte den erhaltenen profanen Unterricht in Physik, Chemie und Astronomie, der in Hinsicht der Summe[47] gegen die enormen Ordensaufgaben bis zum Lautlachen abstach, und war völlig bereit, die Loge zum hohen Licht, wo es nichts weiter zu hoffen gab, zu verlassen, wozu ihn ein


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 45-48.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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