Auff ihre schultern

[15] C.H.v.H.


Ist dieses schnee? Nein/ nein/ schnee kan nicht flammen führen.

Ist dieses helffenbein? bein weiß nicht weis zu seyn.

Ist hier ein glatter schwan? mehr als der schwanen schein/

Ist weiche woll allhier? Wie kan sich wolle rühren?

Ist alabaster hie? er wächst nicht bey saphiren/

Ist hier ein liljen-feld? der acker ist zu rein.

Was bist du endlich doch? weil schnee und helffenbein/

Weil alabaster/ schwan/ und liljen sich verlieren.

Du schaust nun/ Lesbie/ wie mein geringer mund

Vor deine schultern weiß kein rechtes wort zu finden/

Doch daß ich nicht zu sehr darf häufen meine sünden/

So macht ein kurtzer reim dir mein gemüthe kund:

Muß Atlas und sein hals sich vor dem himmel biegen/

So müssen götter nur auf deinen schultern liegen.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte zweiter Teil, Tübingen 1961, S. 15.
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