Er sahe sie über feld gehen

[13] C.H.v.H.


Es gieng die Lesbia in einem schäfer-kleide

Als Hirtin/ wie es schien/ der seelen/ über feld/

Es schaute sie mit lust das auge dieser welt/

Es neigte sich vor ihr das trächtige gedraide;

Es kriegte meine lust auch wieder neue weyde

Von wegen dieser brust/ da Venus wache hält;

Der schultern/ wo sich zeigt der lieblichkeit behält;

Und dann der schönen schoos/ des hafens aller freude.

Ich sprach: ach Lesbia! wie zierlich geht dein fuß/

Daß Juno/ wie mich deucht/ sich selbst entfärben muß/

Und Phöbus dich zu sehn verjüngt die alte kertze;

Nicht glaube Lesbia/ daß du den boden rührst/

Und den geschwinden fuß auf graß und blumen führst/

Es geht ein ieder tritt auf mein verwundtes hertze.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte zweiter Teil, Tübingen 1961, S. 13-14.
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