Sonnet
Straffe des fürwitzes

[6] C.H.v.H.


Als ich die Lesbie nechst in der kammer fand/

Da sie sich überhin und schläffrig angeleget;

So schaut ich eine brust/ die schöner äpffel träget/

Als iemals vorgebracht das reiche morgen-land.

Die brunst zog meinen geist/ der fürwitz trieb die hand

Zu suchen/ was sich hier in diesem zirck beweget.

Diß hat der Lesbie so grossen zorn erreget/

Daß sie in höchsten grimm ist gegen mich entbrand;

Sie trieb mich von sich weg/ sie stieß mich zu der seiten/

Sie hieß mich unverweilt aus ihren augen schreiten.

Ich sprach/ indem sie mich aus ihrer kammer stieß/

Dieweil ich allzukühn und mehr als sichs gebühret/

Die mir verbotne frucht der äpffel angerühret/

So stößt ein engel mich ietzt aus dem paradieß.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte zweiter Teil, Tübingen 1961, S. 6-7.
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