Sonnet
Er ist ein unglücklicher wecker

[45] C.H.v.H.


Ich eilte Lesbien aus kurtzweil zu erwecken/

Als gleich Aurorens glantz um ihr gesichte stund/

Die rosen krönten ihr die wangen und den mund/

Durch weisses helffenbein ließ sich der hals bedecken.

Ich wolte meine hand auff ihre brüste strecken/

Es that ein nasser kuß ihr meine geilheit kund.

Es ruffte Lesbie: Ist dein verstand gesund/

So führe kein brunst in meine keusche hecken.

Ich war darob bestürtzt/ und fluchte dem gelücke/

Und fuhr den himmel an/ und seine reiche blicke.

Ich sprach: Wo rosen stehn/ da müssen dornen seyn.

Weil mich denn ihr befehl verjaget und vertrieben/

So hab ich dieses wort in ihr gemach geschrieben:

Auff morgenröthe folgt gar selten sonnenschein.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 45-46.
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