Er wartet auff sie in einem Lust-Wäldgen

[36] Ode Jambica.


Der mehr alß Winter wich/

die Täubgens schnäbeln sich/

der Hahn/ der Hühner-Mann/

tukkt seine Klokk-Hän rann.

Das Späzzgen drukkt sich schlau

an seine Späzzgen-Frau/

kortz/ alles was blohß bihbt/

ist itzo scharff verlihbt.


Mein Hütgen schieff aufs Ohr/

spazzir ich für das Thor

und zwürble mir den Bahrt

so rächt nach Schäffer-Ahrt.

Du schwartz-braun Mädichin/

zu dir ziht es mich hin;

am bundten Bluhmen-Blazz

erwartestu den Schazz.[37]


Ey/ ey/ waß soll daß seyn?

Bün ich hihr gantz allein?

Der Bluhmen-Pöfel brahlt/

wie von Apell bemahlt.

Die Amstel brohbt im Grund

den qvitten-geelen Mund/

die Sonne blintzt ins Moos/

mein Gott/ wo bleibstu blohß?


Dein auff gerolltes Hahr

entzükkt mich gantz und gar;

ich sag es glatt herauß/

ich mache mir waß drauß!

Das allerbäste Kraut

räucht schlächt für deine Haut/

sie fässt sich an for mir

wie feinstes Bost-Bappihr!


Dein Mund auß Carmesin

ist spanischer Jeßmin/

dardrin hält sich verstäkkt

candirtes Hertz-Confäkkt.

Der Lihbe Malvasir

geneußt man nur zu zwihr/

kom/ spihle mir waß for

auff dihsem Haber-Rohr![38]


Waß dir das Mihder füllt/

ist dünn mit Flohr verhüllt/

sälbst waß dich hindten zihrt/

ist Oepffel-rund formirt.

Zurlezzt/ halb Süd/ halb Nord/

der stähts erwüntschte Port/

von Myrthen dikk umbrirt

und den Zinober zihrt.


Itzt Feuer und itzt Eyß/

bald wird mir kalt/ bald heiß/

fast ist das gantze Graß

von meinen Threnen naß.

Du höchst belihbtes Zihl

for meinen Fehder-Kihl/

du ohngemeines Licht/

kömbstu noch ümmer nicht?


Schon fällt ein kühler Tau/

die Wälder werden blau/

die Nachtigall schon schlagt/

die kleine Gottes-Magd.

Botz dausend schlapperment/

nimbt daß denn gar kein End?

Dorillgen/ süsses Thier/

mich küzzelt so nach dir!


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 36-39.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Dafnis
Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder
Dafnis. Lyrisches Portrait aus dem 17. Jahrhundert
Dafnis Lyrisches Portrait aus dem 17 Jahrhundert

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Der Vorzugsschüler / Der Herr Hofrat. Zwei Erzählungen

Der Vorzugsschüler / Der Herr Hofrat. Zwei Erzählungen

Zwei späte Novellen der Autorin, die feststellte: »Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde: alle dummen Männer.«

72 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon