Bey einem vergnügten Hochzeit-Feste

[239] Im Nahmen eines andern.


Wenn unter allen wohl und den Glückseeligkeiten/

So man auf Erden hat/ das beste dieses ist/

Zu lieben was uns liebt/ gewünscht zur Ehe schreiten/

Wo sich die Tugend so/ als die Vergnügung küßt:

So weiß ich/ daß kein Schatz vom irdischem Vergnügen/

Demselben gleichen kan/ so itzt dem edlen Paar

In seine Seele fleußt/ in seinem Arm wird liegen/

Und das den Anfang nimt/ so bald es Sternen klar.

So weiß ich auch zugleich/ daß/ weil der Eltern Freude/

Durch seiner Kinder-Wohl zum höchsten Gipffel steigt/

Des Edlen Vaters-Hertz anitzo über beyde

Sich so glückseelig preißt/ als wie vergnügt bezeugt.

Er kan die Früchte nun von seiner sorgfalt brechen.

Die Jungfer Tochter ziert des klugen Vaters-Zucht/

Die Tugend soll vor mich das Wort am besten sprechen;

Herr – – – rede selbst/ warum er sie gesucht.

Der Wohlverdiente Mann wird zu sich selber sagen:

Daß Anmuht und Verstand/ ein löbliches Gemüht/

Als wie ein Schatz bey ihm das Hertz davon getragen/

Als ein Magnet, der mehr als was gemeines zieht.[239]

Ein solches Kleinod ist bey wenigen finden:

Wo Tugend ausgesteurt/ ist oft die Schönheit nicht;

Wo aber Schönheit reitzt/ oft kein Verstand zu gründen:

Was aber nutzt ein Haus/ das schön und ohne Licht?

Bey einer dummen der Mann im finstern wohnen.

Unedle Schönheit ist ein solches heyraths-Gut/

Das ohne Ruh und Lust bey mehr als tausend Cronen

Dem Mann im Ehestand gar schlechten Vortheil thut.

Wo aber Tugenden in reicher Anmuht lachen/

Wo ein so kluger Geist/ wie bey der Edlen Braut/

Da kan Herr – – – vergnügte Hochzeit machen/

Da hat man seine Lust auf schönen Grund gebaut.

Bey andern sey der Tag ein Anfang schlimmer Zeiten/

Da man an eine Frau sich ewig binden läst.

Allhier verkündigen der Braut Vortrefflichkeiten/

Den süßen Lebens-Lauf/ auf dieses Hochzeit-Fest.

Sie wird Ihm Ihre Gunst stets abzumahlen wissen/

Weil die geschickte Hand die Mahlerey versteht;

Biß sie durch seine Hülf ein Bildniß abgerissen/

Das ihnen mit der Zeit gleicht und entgegen geht.

Den Kummer/ wenn er auch in dem gewünschten Stande

Zu finden möchte seyn/ vertreibt ihr Saiten-Spiel/

Und wahre Gottes-Furcht/ wie in gelobten Lande-

Vor Davids-Harfen klang der Feind der Ruhe fiel.

Die Güte nun/ womit Herr – – mich verbunden/

Mit dem diß Saal-Athen vor andern prangen kan/

Verpflichtet mich demnach/ das bey den frohen Stunden

Ich diesen treuen Wunsch den andern zugethan:

Weil so viel Seltenheit dem Theuren Paar zueigen/

So muß in ihrem Stand ein sonderbahres Glück/

Ein großer Seegen sich/ ein reich vergnügen zeigen;

Die Anmuht küße sie bey jedem Augen-blick.

Des Edlen Vaters1 lust vermehren künftge Zeiten/

Damit so ungemein auch seine Reit-Kunst sey/

Wenn er die Enckel sieht auf ihren Stecken reiten/

Ihn doch vergnügen mag die schlecht Reiterey.


Fußnoten

1 der Stallmeister war.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 239-240.
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