An einen betrübten Wittwer

[314] Im Nahmen anderer.


Hoch-Edler/ wenn dein Schatz den Gang der Welt itzt geht/

Und dir doch allezeit vor deinen Augen steht:

So wird die/ die dich nie als nur im Sterben kräncket/

Nicht in die Gruft so wohl als in dein Hertz gesencket.


Ach nur in deine Brust: da ist die Ruhestatt

Des frommen Ehgemahls/ die dich erfreuet hat;

So viel als Salomo an einer Frau gepriesen/

Hat/ daß es möglich sey/ dir Gott an Ihr erwiesen.


Fromm und auch angenehm/ wie Sara Tugendhafft/

Wie Rahel/ deren Fleiß im Hause Nutzen schafft.

Die dir das Glück gewehrt/ was Xenophon ermessen/

Und auch Cardani Wunsch an Kindern nicht vergessen.


So denckest du an sie auch jeden Augenblick/

Du gehst mit ihr zur Grufft/ sie geht mit dir zurück/

So ist sie stets um dich/ und lernet dich erkennen/

Daß Treu-vermählte nie der Tod vermag zu trennen.
[314]

Wie aber ist sie tod? du siehest sie nicht mehr.

Und dennoch fühlet sie dein zärtlich Hertz zusehr:

Es sind die Augen dir ob der Entfernung trübe/

Und deine Brust verbleibt das Grab getreuer Liebe.


Hoch-Edler/ dein Gemüth kränckt so die Liebe nur.

Doch die Vernunft in dir ergreifft des Himmels Spur/

Und bey der Seeligen sich ebenfalls zu sehen/

So will sie auch mit ihr zum dritten Himmel gehen.


Dein Glaubens-Auge sieht/ wie ihre Seele lebt/

Wie man nur ihre Quaal/ sie aber nicht begräbt/

Wie/ wenn in deiner Brust ihr Angedencken lieget/

Dich kein so grosser Schmertz bey ihrer Lust besieget.


Wie/ wenn dein Hertz sie liebt/ es dieses nicht vergißt/

Was ihr in dieser Welt annoch am liebsten ist:

Das ist/ vor Schmertzen dich nicht selber begraben/

Und in den Kindern sie noch allzeit haben.


Du Hochvernünftger Mann/ du kennest mehr/ als wir

Wie Gott im Creutze liebt/ und wie das Kraut allhier/

Das man in Mexico den Schmertzen-Wender nennet/

Sey Christliche Gedult/ die man in dir erkennet.


Wir wünschen dieses nur: der Himmel stärcke dich/

Und fülle fort dein Hauß mit Seegen mildiglich/

Daß wenn in deiner Brust itzt Freud und Lust begraben/

Sie auch da wiederum die Auferstehung haben.

Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 314-315.
Lizenz:
Kategorien: