Zehnter Auftritt.

[40] LA COSTE tritt auf.

Hier? zurück!

Der Sandwirt ist im Augenblick heran!

Zurück nach Inspruck! Retten Sie sich, Herzog!

HERZOG.

Ich bitte Sie auf meinen Knien, La Coste!

Erklären Sie es mir! Sind wir vertauscht?

Alte Soldaten führ' ich; was umstrickt

Uns denn mit diesem Netz von Furcht und Schreck?

LA COSTE.

Das Erdreich kämpft zu grimmig uns entgegen,

Die Feinde kennen jeden Maulwurfshügel,

Aus jeder Felsenritze gähnt der Tod.

HERZOG.

O hätt' ich Sie gehört![40]

LA COSTE.

Nichts mehr davon!

Ich achte, ich bewundre Sie, mein Fürst!

O Gott! verlieren wir nicht unsre Zeit.

Ich höre die Tiroler.

ANDREAS HOFER erscheint mit Gefolge auf der Anhöhe.

Liebe Brüder!

Nun fahret unsre sechs Kanonen auf,

Und schießt mit Macht in die gelösten Glieder!

Es soll von denen, die mit mir sich schlugen,

Das ist mein ernster Wille und Befehl,

Kein ganz Gebein zum Rand des Stromes kommen.


Er geht mit den Tirolern ab.


HERZOG.

Wer sagt, das dieses Ungeheuer träg ist?


Kanonenschüsse.


LA COSTE.

Fort! Nutzlos opfern Sie sich!


Fliehende Franzosen. Einer trägt einen Adler.


HERZOG.

Gebt den Adler!

Er glüht vor Scham in euren feigen Händen!


Er entreißt dem Träger den Adler. Die Franzosen entfliehn.


Den Adler schleudr' ich in der Feinde Knäu'l,

Verhüll' das Haupt, und weih's den untern Göttern,

Altrömisch will ich enden!

LA COSTE. Fort nur! fort!

HERZOG.

Ich frage Sie, wie soll ich leben, Freund,

Nach diesem Tag? Nun ist das Kleeblatt voll.

Nun schreibt zu Villeneuve und zu Dupont

Die Schmach den Namen des Lefevre auf.

Sind Sie ein Freund und Waffenträger mir,

Erzeigen Sie dem letzten Dienst dem Feldherrn,

Hier ist der Busen! Stoßen Sie mich nieder!

LA COSTE.

In Kaisers Namen, in des Heeres Namen,

Dem Fassung Eure Durchlaucht schuldig ist,

Fordr' ich Sie, Herzog! auf, sich zu beruh'gen.

Schon sind wir abgeschnitten! List muß helfen.

Hier liegt ein toter Reiter, ziehen Sie[41]

Von dem den Mantel an, so kennt Sie niemand.


Er beneidet dem Herzog mit dem Reitermantel.


HERZOG.

So recht! So recht! Ha Schicksal! du bist witzig,

Des letzten Reiters Los schwor ich zu teilen,

Und borge nun den Mantel gar von ihm.


Sie gehen ab.


Quelle:
Karl Immermann: Andreas Hofer der Sandwirt von Passeier. Bielefeld und Leipzig 1912, S. 40-42.
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