An Chloen

[110] Bey der Liebe reinsten Flammen,

Glänzt das arme Hütten-Dach:

Liebchen! ewig nun beysammen!

Liebchen! schlafend oder wach!


Süßes, zärtliches Umfangen,

Wenn der Tag am Himmel graut:

Heimlich klopfendes Verlangen,

Wenn der Abend niederthaut!


Wonne dort auf allen Hügeln,

Wenn' im Thal, und Jubel hier!

Volle Freyheit, zu verriegeln

Unsre kleine Hütten-Thür!


Lobgesang in Finsternissen,

Wo kein Neider sich versteckt;

Wo nicht mehr, indem wir küssen,

Jedes Lüftchen uns erschreckt!
[111]

Und wir theilen alle Freuden,

Sonn' und Mond und Sternen-Glanz;

Allen Segen, alles Leiden,

Arbeit und Gebeth und Tanz.


So, bey reiner Liebe Flammen,

Endet sich der schöne Lauf;

Ruhig schweben wir zusammen,

Liebchen! Liebchen! Himmel auf.

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 3, Zürich 1819, S. 110-112.
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