Der Heher

[226] Daß unter tausend, tausend Liedern,

Wenn jede Muse singt, wenn, voller Seligkeit,

Die Völker den Gesang erwiedern –

Daß unter tausend, tausend Liedern,

Hervor aus seiner Dunkelheit,

Des Neides hohle Stimme schreyt –

O Chloe! soll uns dies in unserm Glücke stören?

Gedenke nur an jenen Hain,

An jenen Frühlings-Sonnenschein!

Da giengen wir, von Nachtigallen-Chören

Das erste Maylied anzuhören;

Und o wie lieblich sangen sie –

Als plötzlich unter ihren Chören,

Versteckt im Holz, ein heisrer Heher schrie!

Wir aber ließen uns nicht stören:

Die rauhen Vögel selbst gehören

Zur großen Waldes-Harmonie!

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 2, Zürich 1819, S. 226-227.
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