48. Sankt Peter und der Schmied.

[254] Ein Schmiedegeselle war auf der Wanderschaft. Da begegnete ihm Sankt Peter, grüsste das Handwerk, und sie beschlossen, zusammen zu ziehen. Als sie ein Stückchen gewandert waren, kamen sie vor eine Schmiede, die trug ein gar prächtiges Schild, darauf stand mit grossen, goldenen Buchstaben geschrieben: »Der Schmied aller Künste!« – »Warum hast du das Schild ausgehängt?« fragte Sankt Peter den Meister. »Weil ich der kunstreichste Schmied auf der ganzen Welt bin,« erhielt er zur Antwort. »Nun, dann werde ich dir ein Kunststück zeigen,« gab Sankt Peter zurück, »das du nicht nachmachen kannst.«

Mittlerweile war des Schmieds alte Grossmutter in die Werkstatt getreten, um sich die fremden Männer anzuschauen. Flugs ergriff Sankt Peter das Weib bei der Hand und warf sie in das Feuer; dann mussten die Gesellen die Blasebälge arbeiten lassen, dass die Lohe zum Himmel schlug. Sankt Peter kehrte das linke Bein mit der Zange um und dann das rechte, ebenso that er mit dem Kopf, dem Leib und den Armen, auch warf er gut Sand darauf. Als alles ordentlich durchgeglüht war, wie sichs gehört, und die alte Frau ganz feurig aussah, zog er sie aus der Esse heraus und legte sie auf den Amboss. »Jetzt, ihr Gesellen, darauf losgeschlagen!« rief Sankt Peter, und nun hämmerten sie zu fünfen auf der alten Grossmutter herum, bis alle Glieder gut durchgeschmiedet waren. Dann musste das Mütterchen in den Trog hinein, und das Wasser zischte hoch auf, als die glührote Frau hineingeworfen wurde. Als sie nun kalt geworden war, wer sprang da hervor? Da war's kein altes Mütterchen mehr, das mit dem Kopfe wackelte und Runzeln hatte, sondern ein blutjunges Mädchen von kaum achtzehn Jahren. Das sang und sprang und war schöner und lieblicher anzuschauen, als ihres Enkelkindes Frau, die doch in den besten Jahren stand.

»Wie gefällt dir das Kunststück, Meister?« fragte Sankt Peter. Und der Schmied schämte sich und that das Schild »Der Schmied aller Künste!« fort und ward fortan ein bescheidener Mensch. Anders Sankt Peters Reisegefährte. Der hatte genau auf alle Handgriffe und Bewegungen acht gegeben und dachte bei sich: »Was der gemacht hat, kann ich jetzt auch.«

Als sie nun in das nächste Dorf gelangten und Sankt Peter sich auf eine kurze Weile entfernt hatte, sprach der Gesell bei dem Schmied vor und erbot sich, ihm seine alte Frau jung zu schmieden. Der Meister ging vergnügt darauf ein, denn ein junges Weib hat man immer lieber, als ein altes, und obendrein war seine Frau eine recht schmutzige, garstige Hexe.[255]

Der Gesell ergriff nun die Alte, wie er bei Sankt Peter gesehen, und warf sie in das Feuer hinein. Da gerieten aber ihre Kleider ins Brennen, und das Fleisch begann zu braten und zu schmoren, und das alte Weib erhub ein Zetergeschrei, dass Sankt Peter es hörte und herbeilief. »Was hast du gethan?« rief er zornig, »Wie kannst du dich mit solchen Sachen abgeben?« – »Ach, ich will's auch nie wieder versuchen,« jammerte der Gesell, »rette mir nur diesmal aus der Not.« – »Es wird nicht mehr helfen,« sagte Sankt Peter, »du hast schon zu viel verdorben.« Und er schmiedete und schmiedete, aber es war nun einmal so; als die Frau in den Wassertrog geworfen war und sich abgekühlt hatte, sprang kein junges Weib daraus hervor, sondern ein grosser, garstiger Affe. Der lief in den Wald hinein. Und seit der Zeit heisst's bei den Leuten: »Von den alten Weibern stammen die Affen ab.«

Quelle:
Ulrich Jahn: Volksmärchen aus Pommern und Rügen l, Norden/Leipzig 1891, S. 254-256.
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