Achte Szene.

[75] Martin. Hanne. Zwei Kinder aus dem Wirtshause kommend. Vorige.


GRUND tritt zurück. Was ist das wieder?

MARTIN sehr benebelt, am Arme seine Frau. Was das ist? Ein guter Ehemann, der Freud und Leid mit seinem Weibe teilt! – Weil's mir heute gut geht – soll's der Familie auch gut gehen.

GRUND. Wird denn nie ein besserer Geist über Euch kommen?

MARTIN. Ist schon da, der bessere Geist; sonst hab' ich 36ger getrunken, heute trink' ich 48ger – der Geist ist schon um 12 Kreuzer besser.[75]

GRUND. Nun hab' ich Euch auf Befehl des gnädigen Herrn Holz zuführen lassen; warum arbeitet Ihr nicht?

MARTIN. Das Holz ist schon verarbeitet! Der Wagner hat mir's um 15 fl. abgekauft; – wie lange hätt' ich sonst gebraucht, bis ich mit dem Holz fertig worden wär'! Es ist reine Zeitersparnis! Ab mit dem Weib und Kindern.

GRUND. Solche Leute unterstützt unser superkluger Gutsherr und macht sie insolent gegen die Obrigkeit! – O – es ist eine schöne Wirtschaft – eine herrliche Wirtschaft!

CHRISTOPH tritt vor und grüßt. Guten Tag, meine Herren! Sind Sie der Herr Oberamtmann?

GRUND. Zu dienen! Mit wem hab ich die Ehre?

CHRISTOPH. Ich bin Ökonom und hier – Auf Robert weisend. der Herr, ein Engländer, der leider nicht deutsch sprechen kann, ist Master Jonbum, der Erfinder mehrerer Ackerbaumaschinen. – Der Besitzer dieses Gutes hat uns hieher verschrieben – um zweckmäßige Verbesserungen in der Feldwirtschaft vorzunehmen.

GRUND. Ich erstarre! Was? Fremde werden verschrieben zur Feldwirtschaft – wozu bin ich da? – Herr, wozu bin ich da? Daraus wird nichts!

CHRISTOPH. Aber der Gutsherr hat's befohlen!

GRUND. Ei was – der Gutsherr ist ein junger Naseweis, der versteht selbst einen blauen Teufel davon, was zum Nutzen und Frommen seines Gutes ist. Woher denn auch; wir wissen ja seine Geschichte – ein ehemaliger Handlungskommis; ich muß da d'rein reden und hier Auf die Bauern[76] rufend. diese Leute, welche die Felder teils besitzen, teils gepachtet haben. – Heda, Leute!

DIE BAUERN stehen auf. Was befehlen Euer G'streng?

GRUND. Leute, ich hab' euch auf Befehl des Gutsherrn zu sagen, daß ihr vom Feldbau nichts versteht.

DIE BAUERN sehen sich untereinander verwundert an. Was?

GRUND. Und ich verstehe auch nichts davon, gar nichts!

BAUERN wie vor. Was?

GRUND. Aber hier sind zwei Fremde; der eine gar aus England – die haben's weg, die werden euch lehren, wie ihr die Felder auf neue Art bebauen, wie ihr auf neue Art düngen, mit neuen Pflügen ackern und eggen, mit neuen Sicheln ernten und mit neuen Flegeln dreschen sollt.

DIE BAUERN brechen in ein Gelächter aus.

GRUND. Lacht nicht, Leute – lacht nicht – es ist ja Befehl des Gutsherrn!

DER RICHTER. Was wär' das? Wir sollen was Neues lernen und gar von einem Engländer? – Da wird nichts draus – wir bleiben beim Alten, wir brauchen keine Neuerungen – da hat allemal der Teufel sein Spiel damit.

DIE BAUERN. Ja, ja, der Herr Richter hat recht.

GRUND höhnisch. Aber ihr werdet doch die neuen englischen Maschinen versuchen? – Tut's doch dem Gutsherrn zu Liebe, er hat euch ja die Abgaben nachgelassen.

DER RICHTER. Ah was – dafür lassen wir uns nicht in der Wirtschaft kujonieren![77]

DIE BAUERN. Nein, nein, wir lassen uns nicht kujonieren!

DER RICHTER. Es soll's nur einer probieren und sich auf unsern Feldern blicken lassen!

DIE BAUERN. Ja, soll's nur probieren! Sie nehmen drohende Gebärden an.

DER RICHTER zu Robert. Ich rat's dem Herrn, schau' sich der Herr bald um einen Landkutscher um, der'n wieder in sein England z'ruckführt, oder wir werden dem Herrn zeigen, daß uns're alten Dreschflegeln noch immer ihre Schuldigkeit tun!

DIE BAUERN. Ja, ja, das werden wir tun – jagt's die Kerls hinaus aus'n Ort – fort mit ihnen! Sie dringen auf Robert ein, einige erheben ihre Stöcke andere ergreifen die Stühle vor dem Wirtshause.

CHRISTOPH zieht Robert rasch bei Seite, leise. Euer Gnaden – das Inkognito fängt an unangenehm zu werden, gehen wir nach Haus!


Quelle:
Friedrich Kaiser: Ausgewählte Werke. Band 1, Wien, Teschen, Leipzig [1913], S. 75-78.
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