Sechster Auftritt.

[40] Sebastian. Regine.


REGINE. Guten Morgen, lieber Vater!

SEBASTIAN. Ich bitt dich – red jetzt französisch mit mir, so wird's mir leichter, dir z' sagn, was i dir sagen muß –

REGINE. Comment, Papa?

SEBASTIAN. So ist's recht, der Papa kann red'n, wann dem Vater 's Herz zerspringen möcht – du – Regerl – nimm di z'samm – faß di – derschrick nicht –

REGINE. Nun?

SEBASTIAN. Schau, Ehen werden im Himmel g'schlossen, und der liebe Himmel will halt einmal nit, daß du den Mosje Robert kriegst – er – na – daß i dir's nur grad raus sag – er heirat ein andre –

REGINE kaum merkbar ergriffen. So?

SEBASTIAN. Die Tildi heirat er – dei Mahm – so – jetzt waßt es – jetzt heul di aus – wan an bißl, das macht 's Herz leichter, und wann dir an G'falln g'schieht, wan i mit dir!

REGINE ganz kalt. Warum nicht gar! Weinen um einen Mann!

SEBASTIAN sieht sie erstaunt an. Was?[40]

REGINE höhnisch. Über den Verlust wird man sich auch noch trösten können, hahaha!

SEBASTIAN ganz verblüfft. Du lachst? – Na – ist mir a recht – 's Madl hat a starke Natur – stärker als die Dirndl bei uns in die Berg draust – wann da einer so was passiert, das ist a Wanerei und a Zahnerei.

REGINE. Weil es Bäuerinnen sind, Dirnen, welche einen solchen Verlust nicht zu ersetzen wissen. Wann man aber, wie ich, nur eines Blickes bedarf, um zehn Anbeter zu seinen Füßen liegen zu sehen –

SEBASTIAN. Was – du ich bitt' dich, geh' vorsichtig um mit deine Blick, sonst bist auf d' letzt in G'fahr, mit jeden Schritt, den d' tust, a paar Anbeter zu zertreten!

REGINE blickt in die Szene, für sich. Da kommt Hupfer! – Es ist beschlossen, ich muß noch eher Frau werden, als meine Base, ich muß – jetzt fordert es meine Ehre! Sie wendet sich rasch zu ihrem Vater. Lieber Vater! Darf ich Sie bitten, mich nur auf eine Viertelstunde hier allein zu lassen –

SEBASTIAN. Ja, was willst denn?

REGINE. Ich bitte Sie darum – nach dieser Viertelstunde werde ich an der Hand meines Bräutigams Sie um Ihren väterlichen Segen bitten –

SEBASTIAN. Was – in einer Viertelstund? – Ja, du tust ja grad, als ob sich die Bräutigams nur so g'schwind ausbacken ließen, wie d' Spritzkrapfen.

REGINE dringend. Ich bitte Sie, Vater! Wenn Ihnen an meiner Ehre, an meinem Lebensglücke gelegen ist, lassen Sie mich jetzt allein!

SEBASTIAN. Na, meinetwegen, ich geh' – Für sich. aber zuschauen muß ich doch, ich hab' mei Lebtag nicht g'sehen, wie in der Stadt a Bräutigam g'macht wird – Er geht ab, wird aber während der folgenden Szene oft im Gebüsche lauschend gesehen.

REGINE allein. Ja – es ist beschlossen – sie soll den Triumph nicht haben – und mein Herz? – Hm! Es sind altväterische Rechte, die sich das Herz anmaßt – fortan soll mich nur die Klugheit bestimmen! Sie setzt sich in die Laube, nimmt ein Buch vom Tische und stellt sich in dasselbe vertieft.

HUPFER kommt trillernd, erblickt Reginen und bleibt stehen.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Stadt und Land oder Der Viehhändler aus Oberösterreich. Leipzig [1905], S. 40-41.
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