Siebenter Auftritt.

[41] Die Vorige. Hupfer. Später Apollonia und Sebastian.


HUPFER. Ha – sie hier – eine stolze Diana! Er tritt näher und räuspert sich.

REGINE wie überrascht aufblickend. Ha – Sie –

HUPFER zärtlich. Zürnt Diana dem sie überraschenden Aktäon?

REGINE lächelnd. Wenn ich auch zürnte – so würde ich Ihnen doch nicht Aktäons Schicksal bereiten, lieber Hupfer!

HUPFER. Wie – was? Er sieht sich um. Reden Sie mit mir?

REGINE. Mit wem sonst? Sie sieht ihn freundlich an.

HUPFER. O mein Himmel – und diese Augen – diese Blicke – o – o – es sind Sonnenstrahlen, die den Gletscher meines Herzens zur Dachtraufe machen – und dieser so lieblich – so minnig verzogene Mund – diese Lippen, ach –

REGINE mit Koketterie. Warum nicht gar! Wenn man den jungen Herren nur einen freundlichen Blick weist, so wollen sie gleich, Gott weiß was, vermuten –

APOLLONIA tritt auf und geht zu Sebastian, der ihr winkt, ins Gebüsch.

HUPFER. Aber mein Himmel – ich bin solche Blicke von Ihnen gar nicht gewöhnt – Sie haben mich sonst immer so spöttisch – so gewiß – wegwerferisch angesehen –

REGINE seufzt.

HUPFER. Ach Gott – und ein Seufzer auch, Regine! Fräulein Regine – sollte dieser Seufzer mir gewidmet sein?

REGINE. O ich bitte, lassen Sie mich – lassen Sie mich – seien Sie nicht so ungestüm –

HUPFER. War ich denn ungestüm? Er tritt näher und faßt ihre Hand.

REGINE erschreckt, als ob sie ihre Hand losmachen wollte. O mein Himmel! Was tun Sie – lassen Sie meine Hand –

HUPFER läßt die Hand los. Wenn Sie befehlen – Für sich. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht!

REGINE für sich. Der ist doch gar zu blöde. Sie erhebt sich vom Sitze.

HUPFER. Was, Sie wollen fort – Regine!

REGINE seufzend. Ich muß! Ach –[42]

HUPFER. Schon wieder ein Seufzer – Regine! O ich beschwöre Sie, bleiben Sie – nur noch einen einzigen Seufzer – es kommt mir vor, als seufzen Sie mir zu Ehren, und wenn das wäre – o Gott!

REGINE. O so seid ihr Männer, mit kaltem Stolze triumphiert ihr, wenn ein weibliches Herz zu schwach zur Verstellung ist –

HUPFER für sich. Ich kenne mich gar nicht aus – und doch scheint mir – aber jetzt gilt's – ich probier's Er sieht sich um. allein sind wir – Coraggio Bajazzo. Er wirft sich plötzlich vor ihr auf die Knie. Regine!

REGINE zärtlich sich zu ihm herabbeugend. Was tun Sie – stehen Sie auf – Hupfer! Lieber Hupfer!

HUPFER springt wie elektrisiert in die Höhe. Lie – lieber – lieber Hupfer –

REGINE sich abwendend. Was hab' ich getan!

HUPFER. Was Sie getan haben? Einen Menschen auf den Himalaja des Glücks hinaufgezogen – o Regine! Regine! Er umarmt sie, trotz ihres sanften Widerstrebens. Ich finde in diesem Augenblicke in allen Lexikonen der Welt nur ein Wort: Ewig! Ewig!

REGINE. Ja, wer solchen Worten trauen wollte –

HUPFER hitzig. Wenn Sie mir nicht trauen wollen – so lassen Sie sich mit mir trauen – einen bessern Beweis meiner Ewigkeit kann ich Ihnen nicht geben –

REGINE. Wie, Sie wollten –

HUPFER. Wenn nur Sie wollen – o Regine –

REGINE sieht ihn lange bewegt und schmachtend an, drückt ihm dann beide Hände und spricht, anscheinend verschämt. Sprechen Sie – mit meinem Vater!

HUPFER. O Seligkeit! O Wonne – du bist mein –

REGINE ihn umarmend. Dein!

HUPFER. Mit Ihrem Vater soll ich sprechen, ich eile auf den Flügeln der Liebe zu ihm – sei ohne Sorgen, meine Holde! Mit deinem Vater werde ich bald fertig werden –

SEBASTIAN tritt, eben als sich Hupfer zum Abgehen wendet, mit Apollonia aus dem Gebüsche hervor, mit Eiseskälte. Ja, Sie haben recht, mein lieber Herr! Wir werden bald fertig sein!


[43] REGINE. Ha – da ist er ja –

HUPFER. Ha – da ist er ja –


SEBASTIAN. Ja, da ist er, der unglückselige Vater –

HUPFER. Unglückselig?

REGINE will sich an ihn schmiegen. Wie, mein Vater?

SEBASTIAN sie fast heftig von sich stoßend. O, ich bitt' dich – jetzt – nur jetzt red' in einer fremden Sprache zu mir – denn die ehrliche deutsche Sprach' ist zu gut, als daß mans zu solchen erbärmlichen Verstellungen braucht. Er blickt sie mit gefalteten Händen verzweifelnd an. Regerl! Regerl! Was ist aus dir worden –

HUPFER. Was aus ihr geworden – meine Braut!

SEBASTIAN. Dem Teufel sei Großmutter kann Ihna Braut sein – die nicht – die in Ewigkeit nicht, das schwör' ich Ihnen! Das muß ich an dir erleben – aber i bin selber schuld, i hab' di so lang aus'n Aug'n lassen, hab' di herreisen lassen in d' Stadt, damit d', wie i denkt hab', was Rechtes lernen sollst; – ja du hast was Rechts g'lernt, das siech i; weil dich der Mussie Robert, in den du verliebt bist, nit mag, willst ihm zum Trutz dennoch a Frau wern und bist so ehrvergessen, daß du mit lugnerischen Kunststückeln nach ein Mann angelst, über den du gestern noch g'schimpft hast, von den du sagst: er is ein eingebildeter Geck, a bornierter Mensch – a fader Ding.

APOLLONIA. Ja das hast g'sagt, i hab's a g'hört.

HUPFER wie aus den Wolken gefallen mit einem Schafsgesicht. Wa–as?

REGINE will fort.

SEBASTIAN. Du bleibst! Ich frag, hast du von den Herrn das nit g'sagt, Wort für Wort – na – so straf dein alten Vater Lugen, wannst Courage hast.

REGINE will wieder fort.

SEBASTIAN faßt sie bei der Hand, zu Hupfer. Sehens, sie kann nit na sagen, Sie haben jetzt so ein Bescheid, daß Sie sich wohl kein andern mehr wünschen werden; und du gehst z'ruck mit mir, aufs Land, dei Mahm, die Tildi, ist bei mir kuriert worn, wie's brustkrank war, und du bist viel kränker, im Herzen sitzt's Übel, und so Gott will, wird's nit unheilbar sein. Er geht ab mit Reginen.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Stadt und Land oder Der Viehhändler aus Oberösterreich. Leipzig [1905], S. 41-44.
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