An den Prinzen von Preussen,

als von dem Nutzen der Geschichte gesprochen wurde

Prinz! die Geschichte mahlt den Menschen und den Held,

Den König und die Unterthanen;

Sie lehret dich von Rom, wie unter seine Fahnen

Es niederwarf die ganze Welt;[257]

Sie zeigt dir Griechenland die Siegerhand erheben

Und nachbarlichem Volk als Herr Gesetze geben;

Bald aber wiederum durch niedern Geiz empört

Von eignem Volk bekrieget und zerstört;

Und endlich siehest du Rom von dem Throne werfen,

Ganz Griechenland zerrissen seyn;

Du siehst der Dinge Wechsel ein,

Um den Verstand in dir zu schärfen.


Stolz, Herrschsucht, Ehrgeiz, Tyranney,

War Ursach von der Thronen Falle.

Daß Pyrrhus groß gewesen sey,

Beweisen seine Thaten alle:

Jedoch, um grösser noch zu seyn,

Zog er vor eine Stadt, sprang über ihre Mauer,

Aus Ruhmsucht ward ihm nicht des Würgens Arbeit sauer;

Von einem Dache flog ein Stein,

Dem Menschen-Würger ins Genicke,

Aus runzlichter verdorrter Weiberhand;

Er fiel, und starb, verspottet von dem Glücke!
[258]

Du aber Hoffnung für das Land,

Sey deines Volkes Lust, die Zierde deines Sitzes!

Und wenn dein Nachbar dirs vergönnt;

So führ ein friedlich Regiment,

Das majestätisch ist, ohn die Gewalt des Blitzes,

Der um den König her im Felde schrecklich fährt,

Wenn er mit hunderten sich gegen tausend wehrt!

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, S. 255-259.
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