17. Kapitel
Vom Leben der Kloster- und Ordensleute.

[31] 1. Noch in vielen Dingen mußt du deinen Eigensinn brechen lernen, wenn du in Eintracht und Frieden mit anderen leben willst. Es ist nichts Kleines, in Klöstern oder anderen religiösen Gemeinschaften ohne Klage und Widerrede zu leben und darin bis in den Tod getreu auszuhalten. Wohl dem, der im Kloster heilig lebt und sein Leben selig endet!

Willst du im Guten festen Fuß gewinnen und immer vorwärts wandeln, so mußt du dich stets als Fremdling, als einen Pilger auf Erden ansehen. Willst du ein klösterliches Leben führen, so mußt du um Christi willen zum Toren werden.

2. Denn das Ordenskleid am Leibe, und ein geschorner Kopf, die tun's nicht. Aber Sinn und Wandel umgeändert und alle bösen Neigungen in sich ertötet haben, das macht den wahren Ordensmann.

Wer in Klöstern etwas anderes sucht als Gott allein und das Heil seiner Seele, der wird nichts finden als Plage und Herzeleid. Es kann auch mit deinem Frieden keinen Bestand haben, wenn du dich nicht mit der untersten Stelle begnügen und für den Geringsten kannst ansehen lassen.

3. Zu dienen bist du gekommen, nicht zu herrschen. Überleg es doch einmal: leiden und arbeiten ist dein Beruf, nicht Müßiggang und Plauderei.

Das Klosterleben ist ein Glutofen, darin der Mensch, wie das Gold im Feuer, geprüft wird. Wer sich nicht aus Liebe zu Gott von ganzem Herzen demütigen kann, der wird nicht lange darin aushalten.[31]

Quelle:
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7663, Stuttgart., S. 31-32.
Lizenz:
Kategorien: