Zuschrifft

[101] An der Röm. Käis. auch zu Hungarn und Böhmen Königl. Majest. unsers allergnädigsten Herrns/ etc. wie nicht weniger deß Heiligen Römischen Reichs höchst- und löbl. Chur-Fürsten und Stände zu denen restitutionibus ex capite Amnistiæ et Gravaminum vortrefflichen deputirten Herren Rähten/ Botschafften und Abgesandten/

Seine respectivè gnädigsten und vielmögenden Schutzherren/ etc.


Kein Etna hat also gehitzet und gebrant

als von der Kriegesglut das edle Teutsche Land

nun in die dreissig Jahr; Er speye gleich Salpeter/

Pech/ Schwefel/ Kohlen/ Hartz; der Himmel werde röter/

ob dieses Brenners Dampf; Der Ochsen Müh verheert/

der Ochse mit dem Heu/ Vieh/ Futter/ aufgezehrt;

Die Städte stehn in Furcht/ die Dörfer in den Flammen/

das halb erstorbne Volck das raffe was zusammen[101]

und lauffe/ was es kan/ der Weiber Zehrenflut

fließ häuffig/ läuffig ab/ als wolte sie die Glut

verleschen/ die nichts lescht. Das Teutsche Kriegesfeuer

hat zehnmal mehr gebrennt/ mit wildem Vngeheuer

entzündet alle Welt/ unschwesterlich gehaust/

daß einem/ der es sagt und der es höret/ graust.

Kein Mensch/ kein Engel nicht die Glut entwerffen könte/

wanngleich das Himmelblat Papyr/ das Weltmeer Dinte/

der Wald ein Schreibezeug. Kein Regennaß hier lescht/

wie sehr es immer tropft/ wie starck es immer wäscht.

Ach! Mutter Teutschland rufft: Ich bin im Brand versuncken/

ist niemand/ der mich trüg auß Schwefelblauen Funcken?

Hebt auf und tragt mich fort/ greifft unbesorget an/

der Eltern liebt und trägt/ kein Feuer schaden kan/

wie liechterloh es brennt. Die Gluten müssen weichen

dem/ den die Mutter liebt. Sie geben gar ein Zeichen

der Lieb zur Mutterlieb; Wie jenem Brüderpar/

das hertzhafft auß dem Schwal deß Vatters graue Har

der krummen Mutter Hals üm ihre Hälse schluge

als eine süsse Last auß Etnens Feuer truge/

als ihres Reichthums Gut; die Flammen machten Weg

auß Furcht der Gottesfurcht. Der Erdbau bahnte Steg/

damit das seltne Thun auf ewig möchte bleiben/

in Bücher und in Stein durch kluge Hände schreiben;

Wie man denn diesem Par ob treuer Kinderpflicht

Gedichte hat Gedicht und Seulen aufgericht.


Diß habet ihr gehört/ ihr Teutschen Gottes Degen/

weil nun die freche Glut nicht allerdiengs zu legen/

so habt ihr aufgefast das liebe Mutterland

mit Sorgen/ Schweiß und Fleiß getragen auß dem Brand.[102]


Drüm hat der

Fried

Euch hier die Denckseul aufgesetzt

Diß eigenhändig eingeetzt.

Euch/ die die höchsten Häubter lieben/

zu diesem Frieden-Werck verschrieben/

in diesem Frieden-Jubel-Jahr

dergleichen keines wird noch war.

Der Himmel selbsten heist/

daß man euch höchlich preist:

So lang wird seyn

der Sonnenschein;

So lang bey Nacht

der Monde wacht.

So lang die Lufft

die Sternen rufft;

So lang die Glut/

streit mit der Flut;

So lang das Wild

in Wäldern brült;

Ja bis die Welt

in Hauffen fällt.

Die Seule hier wird nit zergehn/

mit denen in die Wette stehn/

die man den Kindern aufgerichtet/

von denen Claudian gedichtet.


Auch Teutschland grämet sich nit über seine wundẽ/

erfreut sich mehr/ daß sie so liebe Söhne funden/

die Salb und Plaster bracht. Als ich vorgestern saß

unnd diese Frieds Geburt Druckfertig überlaß/[103]

kam sie selbsten/ bate mich/ daß ich sie solte geben

Euch und auch euren Ruhm/ so hoch ich könt/ erheben.

Was solt ich thun? Ich sprach: Ach Mutter/ was ich thu/

das trifft bey weitem/ Gott! nicht ihrem Wunsche zu;

ja/ were Wollen Thun/ und Wort vor Wercke nemen:

Pflegt doch/ sprach sie/ der Zevs kein Opfer zu beschämen/

das Korn für Thierblut bringt. So nemet dann diß Pfand/

weil es die Mutter heisst/ von ihres Schülers Hand/

der dieses Demutvoll in eure Zimmer träget

mit tiefstem Kniegebeug zu deren Füssen leget;

Hier ist nicht Wörterzier/ viel minder Rednerpracht/

Gehorsam nur/ der baß/ als wann man Opfer schlacht.


Ihr Gnaden

Vntergebener

Johann Klaj.


Προσ Φώνησις


Ad


Dn. Autorem.


Claje, Poëtarum nostri nitidissima sêcli

Gloria! pacifico hoc tempore, pange melos:

dulce melos pange, et pulcerrima munera Pacis

describe: ut laudes postera turba canat.


Lmque F.

Joh. Michaël Dilherrus, Pastor

ad S. Sebaldi et Theol.

ac Phil. P.P.

Quelle:
Johann Klaj: Friedensdichtungen und kleinere poetische Schriften, Tübingen 1968, S. 101-104.
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Friedensdichtungen und kleinere poetische Schriften

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