Erklärung des Tittelbildes

[383] Witdod1 redet.


Ich komme von Todten Witdoden herfür/

Bekleidet mit Alters-gebrauchlicher Zier2/

Die neulich erneute Kunstliebliche Lieder

Erwekken die vormals Verstorbenen wieder.

Mein blaulich-gold-glentzend-befedertes Haubt

Hat jenen Homerischen Pfauen3 beraubt/

Zu deuten/ daß durch die Poeten erhaben

Der schönen Gedanken buntleuchtende Gaben.

Die weißliche Liljen4 die Fränkische Tracht5/

Erweiset altredlichen Biedermanns Pracht.6

Ihr Edelen Teutschen ermannet im Kriegen/

Nun hasset der Waffen bluttriefendes Siegen:

Beliebet den Frieden und jaget ihm nach/

Erhaltet in Würden die dapfere Sprach.

Ach/ lasset den Degen nicht alles verheeren/

Ergreiffet die Feder euch selbsten zu Ehren.


erfunden durch

Georg Philip Harsdörffern.

Fußnoten

1 Witdod ist Celtisches Wort von Wit/ weis/ und dod Freund/ zusammengesetzet heist es so viel als bey den Griechen Philosophus/ das t wird in alten Schrifften für ein s gefunden/ wie auch die Niderländer sagen: Wat/ dat/ waeter/ für was/ das Wasser. Dot ist Ebreisch und auch Teutsch/ daher nennen wir einen Tauffdoden/ der uns durch die Tauff befreundet ist. Luth. de Nomin. Germ. I.D. Hiervon ein mehrers zu Ende.


2 Chastueil aux discours sur les Arcs Triomphaux dresses en la Ville d' Aix 1623. führet einen alten Poeten solcher Gestalt bekleidet ein. f.13. hiervon ist zu lesen Pasquier aux recherches l.6.c.4. f.853.


3 Lucianus und Ovidius melden/ die Seele Pythagoræ sey eine Pfauen Seele gewesen/ nach seinem Tod aber in Homerum, und nach ihn in Ennium gefahren/daher sagt Persius sat. 6.V.10. postquam destertuit esse Mæonides Quintus, Pavone ex Pythagoræo. Von den Druiden schreibet Am. Marcellinus l.35. Inter Gallos Druidæ ingenii excelsioris, ac authoritatis Pythagorica disciplinæ extiterunt etc. Xamolxis Gothorum sacerdos suos in Pythagorica disciplina instruxit. Laërt. l.1. videat. Herodot l.4. Heurn. de Philos. Barbar. c. ul.


4 Hier wird gesehen auf das/ was Gorop. Becan. l.5. Gallic. f.119. schreibet/ daß Witt/ die weisse Farbe sich weit weise/ daher die ansehliche Leute Weise genennet worden/ nach der Schrift: Bey den Alten ist die Weißheit/ und die Klugheit bey den grauen Haubtern.


5 Die Teutschen und Franken oder Gallier sind von Alters ein Volk gewesen. Besihe hiervon Trithem. de Orig. Francor. Vrsperg. & imprimus Beat. Rhenan. l.2.f.112. & Barthium Adversar. l.13. cap. 4.


6 Biedermann ist so viel als Beidermann/ der ohne Ansehen der Person bei den Recht spricht/ Henischius in B. sein Pracht ist eine erbare/ und ehrliche Kleidung/ wie dieses Witdoden/ die den Burgundischen und unsern alten Ehrröcken nicht ungleich kommet.


Quelle:
Johann Klaj: Redeoratorien und »Lobrede der Teutschen Poeterey«. Tübingen 1965, S. 383-384.
Lizenz:
Kategorien: