Ode an die preußische Armee

[93] Im Merz 1757


Unüberwundnes Heer! mit dem Tod und Verderben

In Legionen Feinde dringt,

Um das der frohe Sieg die güldnen Flügel schwingt

O Heer! bereit zum Siegen oder Sterben.


Sieh! Feinde deren Last die Hügel fast versinken

Den Erdkreis beben macht,

Ziehn gegen dich und drohn mit Qvaal und ewger Nacht;

Das Wasser fehlt wo ihre Roße trinken.


Der dürre schiele Neid treibt niederträchtge Schaaren

Aus West und Süd heraus,

Und Nordens Höhlen speyn, so wie des Osts, Barbaren

Und Ungeheur, dich zu verschlingen, aus.


Verdopple deinen Muth! Der Feinde wilde Fluthen

Hemmt Friedrich und dein starker Arm;

Und die Gerechtigkeit verjagt den tollen Schwarm.

Sie blizt durch dich auf ihn, und seine Rücken bluten.


Die Nachwelt wird auf dich, als auf ein Muster sehen;

Die künfftgen Helden ehren dich,

Ziehn dich den Römern vor, dem Cäsar Friederich,

Und Böhmens Felsen sind dir ewige Tropheen.


Nur schone, wie bisher, im Lauf von grossen Thaten

Den Landmann, der dein Feind nicht ist!

Hilf seiner Noth, wenn du von Noth entfernet bist!

Das Rauben überlaß den Feigen und Croaten.


Ich seh, ich sehe schon – freut euch, o Preußens Freunde! –

Die Tage deines Ruhms sich nahn.[94]

In Ungewittern ziehn die Wilden stolz heran.

Doch Friedrich winket dir, wo sind sie nun, die Feinde?


Du eilest ihnen nach, und drückst in schweren Eisen

Den Tod tief ihren Schedeln ein,

Und kehrst voll Ruhm zurück, die Deinen zu erfreun,

Die jauchzend dich empfahn, und ihre Retter preisen.


Auch ich, ich werde noch, – vergönn es mir o Himmel! –

Einher vor wenig Helden ziehn.

Ich seh dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen fliehn,

Und find Ehr oder Tod im rasenden Getümmel.


Quelle:
Ewald Christian von Kleist: Sämtliche Werke. Stuttgart 1971, S. 93-95.
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