Neunter Auftritt

[437] Die Vorigen ohne den Prinzen von Homburg.


FELDMARSCHALL.

O Gott der Welt! Mußt es bis dahin kommen!


Der Kurfürst spricht heimlich und angelegentlich mit einem Offizier.
[437]

KOTTWITZ kalt.

Mein Fürst und Herr, nach dem, was vorgefallen,

Sind wir entlassen?

DER KURFÜRST.

Nein! Zur Stund noch nicht!

Dir sag ich's an, wenn du entlassen bist!


Er fixiert ihn eine Weile mit den Augen; alsdann nimmt er die Papiere, die ihm der Page gebracht hat, vom Tisch, und wendet sich damit zum Feldmarschall.


Hier, diesen Paß dem schwed'schen Grafen Horn!

Es wär des Prinzen, meines Vetters Bitte,

Die ich verpflichtet wäre zu erfüllen;

Der Krieg heb, in drei Tagen, wieder an!


Pause. – Er wirft einen Blick in das Todesurteil.


Ja, urteilt selbst, ihr Herrn! Den Prinz von Homburg

Hat im verfloßnen Jahr, durch Trotz und Leichtsinn,

Um zwei der schönsten Siege mich gebracht;

Den dritten auch hat er mir schwer gekränkt.

Die Schule dieser Tage durchgegangen,

Wollt ihr's zum vierten Male mit ihm wagen?

KOTTWITZ UND TRUCHSS durcheinander.

Wie, mein vergöttert – angebeteter –?

DER KURFÜRST.

Wollt ihr? Wollt ihr?

KOTTWITZ.

Bei dem lebend'gen Gott,

Du könntest an Verderbens Abgrund stehn,

Daß er, um dir zu helfen, dich zu retten,

Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen!

DER KURFÜRST zerreißt das Todesurteil.

So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir!


Alle ab.


[438] Szene: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt; wie im ersten Akt. – Es ist wieder Nacht.


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1978, S. 437-439.
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