Sechster Auftritt.

[21] Leander, Clitander.


CLITANDER. Nu, wie stehts mit ihrer Liebe, Hr. von Leander?

LEANDER. Vielleicht werden sie glücklicher seyn, als ich, sie sind reich, und ein Kaufmann.

CLITANDER. Und sie sind ein Edelmann.

LEANDER. Sie wissen, wie wenig ich stolz darauf bin, von Adel zu[21] seyn. Der kleine Adel ohne großes Vermögen ist heutiges Tages von sehr geringer Bedeutung.

CLITANDER. Ey, glauben sie das nicht, sie wissen ja selbst, wie die Gnadensucht alle Tage höher steigt. Es wird noch so weit kommen, daß kein artiges Stubenmädel mehr mit einem gestrengen Herrn zufrieden seyn wird.

LEANDER. Ach, ich sehe mein Unglück nur mehr als zu offenbar. Sie werden Isabellen erhalten, sie werden glücklich seyn, und ich –

CLITANDER. Aufrichtig zu reden; ich kann Isabellen gut leiden, sie ist ein munteres lebhaftes Mädchen; sie hat ein vortrefliches Herz, und damit ich den Kaufmann nicht verläugne, so hat der Alte brav Geld. Aber wollen sie glauben, daß wir vielleicht alle beyde nichts davon erhaschen?

LEANDER. Es ist wahr, der Alte ist unergründlich; ich habe nie seine Neigung erforschen können.

CLITANDER. Ich auch nicht. Und es scheinet mir, daß ich ihm noch weniger gefalle als sie, ich bin zu flüchtig vielleicht; doch, wenn es nicht seyn kann, ich kenne noch ein paar junge Röslein, ich werde dort vielleicht nicht so viel Widerstand finden. Wissen sie was, beym Licht besehn, wenn sie sie erhalten können, da haben sie meine Hand, ich will ihnen keine Hinderniße von meiner Seite entgegen setzen, ich kann schon noch ein paar Jahre warten; meine Frau wird mir vielleicht ihre Tugend noch früh gnug ins Gesicht pflanzen.

LEANDER. Ist das ihr Ernst?

CLITANDER. Ja, schlagen sie ein. Aber sollte der Alte etwa ein Auge auf den Cleon geworfen haben, da fange ich alsdenn wieder an zu operiren, der muß sie nicht kriegen.

LEANDER. Glauben sie denn, daß Isabelle –

CLITANDER. Ey, sie kennen die Caprizen noch nicht recht vom Frauenzimmer.[22] Es ist gnug, daß er ein Geck ist, da hat er schon die Hälfte voraus, mehr als sie zu gefallen.

LEANDER. Nein, nein, Isabelle ist nicht –

CLITANDER. Der Teufel! für einen Edelmann sind sie doch auch sehr wenig erfahren. Ich bin schon etlichemal so glücklich gewesen, mir die Gunst von etlichen Frauenzimmern zu erwerben; fragen sie einmal, wodurch? durch Verstand, durch ein gerührtes Herz, durch zärtliche Ausdrücke vielleicht? ja das ist verschlagene Münze. Durch Pracht, Moden, Geschenke, Windbeuteley und unbesonnenes Geschwätz. Schauen sie, das sind die Netze, in die sie wie die Fliegen hineinfallen.

LEANDER. Ich glaube, da kömmt Isabelle.


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 21-23.
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