Neunte Scene.

[182] DER PHILOSOPH fein gekleidet. Glüklicher Prinz, daß du erkohren bist, zu einer Zeit zu herrschen, wo alles arbeitet die Feßlen der Vernunft abzuwerfen. Wir leben in dem erleuchtesten Jahrhundert, und ich kann sagen, daß ich durch meine Schriften viel dazu beygetragen habe. Propria laus sordet. Alle Wissenschaften stehn auf der höchsten Spize. Wir wissen alles, und verachten alles. Keine knechtische Verehrung drükt uns mehr nieder. Man hat den Menschen den Schleyer von den Augen gerißen. Der Grund aller Dinge liegt vor uns, wie ein aufgeschlagenes Buch. Alles ist gut. Die Keime der hohen Tugenden sind gesät, und fassen Wurzel. Jezt wär es Zeit Trilinik in jene glükliche Insul zu verwandlen, wo wir in Gemeinschaft lebten, wie die Kinder der Unschuld. Der Verstand ist so helle, daß man keine Geseze mehr braucht. Die goldne Zeit ist vor der Thür.

PRINZ SEIDEN-WURM. Wo fehlts denn Bim? –

MINISTER BIM. Wir wollen den Vorschlag überlegen. Können indessen mit der Insul in Mitza Fluß anfangen, und solche peupliren.

PHILOSOPH. Werd nicht ermanglen das Project einzureichen. Ab.[182]

PRINZ SEIDEN-WURM. Nu?

MINISTER BIM. Sperr die Kerls zusammen und laß sie mit einander disputiren. Soll der erste aufhören zu reimen, so gieb ihm Brod. Soll der zweyte aufhören zu schimpfen, so gieb ihm Wagen und Pferd, daß er daherfahre wie wir, und gieb ihm Zulage. Soll der dritte sehen wo's fehlt, so mach ihn zum Schulmeister.

PRINZ SEIDEN-WURM. So wär die Welt nun reformirt. Lies weiter.

MINISTER BIM. Colombine und Pedrilla.

PRINZ SEIDEN-WURM. Laß sie kommen.


Quelle:
Friedrich Maximilian Klinger: Dramatische Jugendwerke. Band 3, Leipzig 1913, S. 182-183.
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