Zehende Scene.

[195] HARLEQUIN auf der Straße. Ha! ha! jezt bin ich frey! jezt will ich meinen hellen Verstand brauchen. Er steigt auf eine Bier-Tonne. Allerliebste Trilinikiner, hört mir zu! Jupiters Worte sinds, die ich Euch vorzutragen habe, und nichts von dem meinigen. Kennt Ihr mich denn nicht Ihr allerliebste Trilinikiner?

VOLK. Nein! du hast eines Hof-Schranzens Habit an!

HARLEQUIN. Ey! Ey! Ihr lieben Mitbürger, so verkennt Ihr Verdienste so bald! Kennt Ihr denn Harlequin, des Königs Caromaskos Kammerheizer nicht, der wegen seinen großen Handlungen voll Güte und Gerechtigkeit in ganz Trilinik bekandt seyn sollte? Wer als ich, nahm Eure Suppliken, Memorialien an? Wer stekte sie mit größter Bereitwilligkeit in Busen, überreichte sie dem König Caromasko mit der wärmsten Empfehlung als ich, ob es gleich bey hängen verboten war?[195] Mich schrekte diese Gefahr nicht; denn die Liebe zu meinen allerliebsten Trilinikinern siegte in meinem patriotischen Herzen über alle Furcht. Und nahm ich etwa was dafür wie die andre Hallunken? Keiner von Euch wird sichs zu erinnern wissen. Nein, dachte ich, der Obel sey verflucht! es giebt keinen Seegen im Sterben; umsonst will ich meinen lieben Mitbürger helfen. Tausend und tausend werden unter Euch seyn, denen ich so Gerechtigkeit verschaft habe. Auf den Knien lag ich vor König Caromasko und flehte für Wittwen und Waisen – Kennt Ihr mich nicht? Erinnert Ihr Euch dessen nicht?

AUS DEM VOLK. Ja! ja! du bist ein ehrlicher Mann, das hast du all gethan. Rede, was verlangst du von uns?

HARLEQUIN. Verlangen! die Götter behüten mich, etwas von Euch zu verlangen! Bitten will ich Euch, um Hülfe anflehen in aller Demuth gegen den Wundermann von Rotonier. Hört mir zu! Diese Nacht begegnete mir der Jupiter Olympius hier auf der Straße, und gab mir eine Bottschaft an Euch. Sein Adler flog vor ihm her. Es sah majestätisch aus, und hatte tausend Donnerkeile in den Händen. Er sagte zu mir: »Geh mein lieber Harlequin, und suche einen Mann, dem du vertrauen kannst, daß er zu meinen Trilinikinern spreche, wie ich dirs eingebe.« Er kriegte mich am Schöpf, und ich wußte gleich all seine Gedanken. »Du darfst's aber nicht selbst vorbringen, sagte er, weil du mit dem edlen Prinz Zed verwikelt bist.«[196] Da fand ich nun den lausigten Kerl Gleba, hielt ihn für tüchtig, gab ihm die Rede, die ich aufgesezt hatte, und ließ sie ihn vor Euch in Jupiters Namen halten.

VOLK. Kannst du das beweisen, daß Jupiter mit dir geredt hat?

HARLEQUIN. Allerdings, denn die mächtige Juno war auch dabey. Es war grad vor meiner Thür, wo er mir noch einen Druk in die Hüfte gab, den Ihr noch sehen könnt.

VOLK. Du bist ein ehrlicher Mann! Die Götter lieben solche Leute, wir glaubens.


Quelle:
Friedrich Maximilian Klinger: Dramatische Jugendwerke. Band 3, Leipzig 1913, S. 195-197.
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