Siebente Szene

[1175] WILD tritt auf. Die Nacht liegt so kühl, so gut um mich! Die Wolken ziehen so still dahin! Ach sonst wie das alles trüb und düster war! Wohl mein Herz! daß du dies Schauerhafte wieder einmal rein fühlen kannst! daß die Nachtlüftchen dich umsäuseln und du die Liebe wehen fühlst in der ganzen stillen Natur. Glänzet nur Sterne! ach Freunde sind wir wieder worden! Ihr werdet getragen mit allmächtiger Liebe, wie mein Herz, und flimmt in reiner Liebe, wie meine Seele. Ihr wart mir so kalt auf jenen Bergen! und wenn meine Liebe mit euch sprach, drängten sich volle Tränen hervor, ihr schwandet aus den nassen Augen, und ich rief: »Jenny, mein Leben! Wo bist du blieben, Licht meiner Augen?« So hing ich oft an dir, Mond! und dunkel ward's um mich, da ich nach der reichte, die so ferne war. Ach daß alles so zusammengewebt, zusammengebunden mit Liebe ist. Wohl dir! daß du wieder das Rauschen der Bäume, das Sprudeln der Quelle, das Gemurmel des Bachs verstehst! daß alle Sprache der Natur dir deutlich ist. – Nimm mich auf in deine liebliche Kühle, Freund meiner Liebe! Sich unter einem Baum legend.[1175]


Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1175-1176.
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