Die Ankläger

[24] Über alles Zornentflammende raget es hoch empor,

Welches ich sah, und nach dess Anblick

Ich kaum entronnen bin

Zu werden ein Menschenfeind.


Verderber ist er der Menschenhass

Dem, welcher durch ihn vergramt;

Und dem, den er trift,

Fürchterlich, fürchterlich!


Er ist es, der immer Greuel

Meiner ganzen Seele war:

Und dennoch bin ich kaum

Dem Ungeheuer entflohn.


Denn ihr wüthet einher, klaget an,

Vor euch selbst, Dess Vorsehung,

Fällt Endurtheil über Den,

Welcher die Orione,
[25]

Des Leun Herz, die hohe Wagschaal,

Den Adler, die Urne, den Lichtaltar,

Die Ros' in dem Kranz', auch unsre Rose

Gemacht hat, bevölkert hat!


Denn ihr andern kriechet einher, vertheidiget,

Vor jener Gericht, Dess Vorsehung,

Den, der gemacht hat

Die Sterne des leuchtenden Pfades, bevölkert hat!


Vertheidigt? ha, ihr entschuldigt!

Mit schwachen Gründen, oder, mit thörichten,

Mit Dingen, die ihr in der Wirklichkeiten Reih

Hineinlügt, entschuldigt ihr.


Auch vor euch mag ich Seinen Namen nicht nennen!

Des tiefen Untersuchers Geist, der Ihn

Niemals anders, als, mit feyrlichem Ernst

In sich versenkt,


Als, nach frommen Schweigen,

Als mit entblösstem Haupt', aussprach,

Der grosse Todte möchte mir erscheinen,

Und der Nennung mich zeihn.
[26]

Einer Meinung glühendes Bild

Schwebt mir, (o wäre sie Wahn!) vor der Stirn;

Und nur wenige Zweifel

Widersprechen ihr laut.


Sollten Seelen,

Die (wendet euch, hört mich nicht!) Gott

Anklagen, richten, entschuldigen,

Diese Seelen unsterblich seyn?


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 24-27.
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