Die Rache

[71] Lang' erwarteten wir, du würdest Deutschlands

Muse schützen, auch so mit Ruhm dich krönen;

Durch den schöneren Lorber

Decken des anderen Blut!


Gleimen sandte sie dir, und sandte Ramlern,

Dich zu fragen. Und du? Dass sie ihr Auge

Niedersenkte, die Wang' ihr

Flamte von rötherer Scham!


So antwortetest du. Sich nicht zu rächen,

War er schonend genung der Deutsche, deiner

Hier auch werther, als du ihn,

Fremdling im Heimischen, kenst.
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Doch du selber hast ihn an dir gerächet!

Heiss schon war den Beginn; allein die letzte

Rache glühet, wie keine

Sonst, von zerstörender Glut.


Wie der Geist dich auch hebt; er fliegt vergebens

Wenn das Wort ihm nicht folgt. Der Ungeweihte

In der Sprache Geheimniss

Tödtet das lebendste Bild.


Du erniedertest dich Ausländertöne

Nachzustammeln, dafür den Hohn zu hören:

Selbst nach Aruets Säubrung,

Bleibe dein Lied noch tüdesk.


Und die letzte? Dein Blatt von Deutschlands Sprache!

Die, die Rache ist selbst dem Widerrufe

Nicht vertilgbar; beschleyern,

Thust du ihn, kann er es nur.


Widerrufe von dir? Dess sind wir sicher?

Sicher, dass du auf dich aus voller Schale

Rache strömest, dem weisern

Enkel noch süsser als uns.
[73]

Denn er möchte vielleicht Erobrergrösse

Anders ächten, als wir; Verdienst des Pflanzers

Heller sehen, es sondern

Von des Begiessers Verdienst


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 71-74.
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