Der Nachruhm

[68] Glänzend ist, Krieger und Könige, was ihr thatet, vielleicht auch

Edel, o Wunder! so gar.

Was es denn sey; es steiget gewiss zu dem Enkel hinunter:

Aber in welcher Gestalt?

Etwa in der, die es hatte, da ihr es thatet? In jeder

Andern, in dieser nur nicht!

Von der Geschichte verfehlt, bald hoch zu der Wolke gehoben,

Bald gesenkt in den Staub;

Mit der Fabel Verwandlung beynah gebildet, zum Drachen

Kadmus, der Drache zum Gott.

Und nun setzen die Richter sich hin, und richten den Schatten,

Weiser Entscheidungen voll,[69]

Alles, nachdem bey dem glimmernden Docht der Erzählende dunkel,

Oder dunkler es sah.

Arme Krieger und Könige, das ist also der Nachruhm,

Der euch schlafen nicht liess?

Euch verbot, an der Wissenschaft erfrischenden Quelle

Auch nur am Abend zu ruhn?

Unerquickte, so halten die Rhadamantchen der Nachwelt

Über euch ihr Gericht?

Glücklicher fiel sein Loos dem Dichter. Was er uns nachliess,

Bleibet stets, was es war.

Über ihn waltet sie nicht, die Geschichte; da spielt die Verwandlung

Nicht, wie mit Thaten sie spielt.

Richter sehn die Fehle des Werks, die Schönheit: allein mehr,

Andere nicht, denn es har.

Richtelnde könnens mit Tadel bestäuben, und Lobe; doch diess auch

Können die wähnenden nur.

Andere kommen dann auch, und stäuben ab: und es stehet

Wieder da, wie es sprang[70]

Aus des Gebärenden Stirn, gerüstet mit der Ägide,

Oder mit Kränzen geschmückt.

Glücklicher fiel dem Dichter sein Loos. Er wohnt an der Quelle,

Trinkt sie mit feurigem Durst,

Schöpfet dem Schnitter daraus, und bringt die labende Schale

Ihm in das Sonnengefild:

Oder leitet ihm zu in der Ulme Schatten die Kühlung,

Und vom Weste beweht.


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 68-71.
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