Achtzehnter Brief.

An die sogenannte Obristen von M .....

[164] Berlin den 18ten Junius 1771.


Ich bin gar nicht zufrieden von Deiner Aufführung, und von der Art, wie Du das junge Mädgen behandelst. Sie hat einen Brief an ihre Eltern geschrieben, den der verfluchte la Saltière aufgefangen hat. Darinn klagt und jammert sie so, daß es mir bald selbst Mitleiden gemacht hätte. Dich mag sie gar nicht leiden – Du wirst es wohl sehr schief angefangen haben –

Das arme Mädgen wird immer elender. Wenn sie uns stirbt, und Du sie nicht in Ordnung bringst; so halte ich mich an Dich. Es liegt an Deinem bösen Willen; Du bist doch sonst so dumm nicht. Man wird ja ein Mädgen zur Vernunft bringen können! –[164] Rabenaas! Mit Dir hat es wohl so viel Mühe nicht gekostet? Aber, nicht wahr? Das ist schon etwas lange her; das hast du wieder vergessen.

Kurz! Du sollst nun bald deutsch mit ihr reden. Wenn sie sieht, daß sie keine andre Hülfe hat; so wird sie schon nachgeben. Sage ihr, es sollte ihr an nichts mangeln; Du weißt ja, daß mir das Geld nicht an das Herz gewachsen ist.

Am besten wird es wohl seyn, ich gehe einmal wie der selbst zu ihr; Aber du muß erst die Sache vorbereiten. Noch acht Tage gebe ich Dir Zeit. Aber nim dich in Acht, wenn ich dann das Mädgen noch so bleich, krank und klagend finde!

Apropos! Du darfst nicht leiden, daß sie fernerhin mit der kleinen Catharine allein sey; die verdirbt uns alles.[165]

Nun, adieu! Mach es gut; Du sollst dann auch künftighin die Frau Generalinn heissen. Ich komme vielleicht morgen Abend um 8 Uhr ein bisgen zu der alten Schufit; da will ich Dir mündlich mehr sagen.


Ferdinand Graf .....[166]

Quelle:
Knigge, Adolph Freiherr von: Der Roman meines Lebens, in Briefen herausgegeben. 4 Teile, Teil 3, Riga 1781–1783, S. 164-167.
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