Der 7. Absatz.

Von dem Hund.

[367] Unter allen vierfüßigen Thieren ist keines von Natur so zahm und heimisch / als wie der Hund / er ist lediglich zu dem Dienst / und auch zu dem Lust des Menschen verordnet.79 Seine fürnehmste Eigenschafften seynd die Wachtsamkeit / Treu und Danckbarkeit gegen seinen Herrn und Nährer / den er gar wohl / auch nach langer Abwesenheit kennet und liebet / selbem unabsönderlich anhanget (wann er auch schon öffters hart und übel von ihm tractirt oder gehalten wird) sein Bestes beförderet / und den Schaden von ihm abwendet / ja auch zu Zeiten das Leben für ihn lasset. Er ist gar gelirnig / er lernet vil wunderliche Künsten / und lasset sich in der Jugend abrichten und gewöhnen auf gar unterschiedliche Weiß und Art / er stehet allzeit fertig / nicht nur auf ein jedes Wort /sondern auch auf einen jeden Wincker seines Herrn. Hingegen[367] aber ist er sehr neidig und gehäßig wider andere Hund / wann er vermeint / daß sie ihm etwas nachtheilig seyen / oder einen Abtrag thun: ja offt auch ohne Ursach thut er andere Hund verfolgen /beissen und reissen: offt auch aus Neid mehr essen /als er mag / nur damit es der andere nicht bekomme.

Daß die Hund blind auf die Welt kommen / das ist gewiß / aber eben der jenige / der zum letzten sehen wird / der soll der beste seyn: hingegen / der zum letzten geworffen wird / seinem Vatter zum gleichisten sehen. Wann sie noch jung seynd / haben sie weisse und scharpffe Zähn / schwartzlechte aber / wann sie alt werden; sie können biß 20. Jahr oder darüber alt werden.

Der Dienst und die Verrichtung der Hunden ist unterschiedlich; dann ein anders haben zu thun die Hauß-Hund / ein anders die Jagd-Hund / die Schaaf-Hund / und die Wasser-Hund etc. Was aber die vilfältig- und unterschiedliche Gestalt / Farb und Grösse der Hunden anbelangt / so ist selbe jedermänniglich genugsam bekannt / massen uns ja die Hund täglich unter den Augen und unter den Füssen häuffig umlauffen / nicht nur auf der Gassen und in den Häuseren / sondern offt auch bey dem Gottesdienst in der Kirchen / welches zwar freylich nicht seyn solte / sondern ein grosser Mißbrauch und Ungebühr ist.80 Gewiß ist es / wann jemand sich unterstunde einen Hund in einen heydnischen Tempel oder in ein Türckische Moschea mit sich zu bringen / so wurde er sich einer schweren Straff schuldig machen / oder villeicht gar beym Kopff genommen werden. Ein Wunder-Ding! daß die Heyden bey ihrem falschen Götzendienst die Hund als ein unreines / unflätiges / unruhiges Thier nicht leiden können / und hingegen die Catholische Christen können sie bey ihrem wahren Gottesdienst nicht nur leiden / sondern vil Herren und Frauen wollen keine halbe Stund lang in der Kirchen ohne Hund seyn. Was wurde man darvon halten und sagen / wann ein Supplicant, so zur Königlich- oder Fürstlichen Audienz, um eine Gnad anzuhalten / vorgelassen wird / einen Hund mit sich in des Königs oder des Fürsten Zimmer nehme / oder unter währender Audienz mit demselben schertzen thäte? und für den Gnaden-Thron des Königs aller Königen thut man mit Hunden kommen / und mit selben schertzen /die offtermahl den Priester an dem Altar / oder den Prediger auf der Cantzel molestiren oder belästigen /das gegenwärtige Volck aber von der Andacht und von dem Gebett verhinderen / und hingegen zu der Ausschweiffung und zu dem Gelächter veranlassen. Es stehet ja ausdrucklich geschrieben: Foris canes:81 Hinauß mit den Hunden.

Ja / wann alle Hund so beschaffen / so fromm und eingezogen wären / als wie der jenige / von welchem Isidor. in Brev. rerum memor. schreibt / so kunten sie gar wohl in der Kirchen gedultet werden.82 Dann derselbige / so offt man das Zeichen zu der H. Meß gegeben hat / da ist er gleich der Kirchen zugeloffen /aber gantz züchtig und langsam hinein gangen / er hat sich vor dem Hoch-Altar nidergelassen / bey dem Evangelio aber ist er aufgestanden: wann man das Hochwürdige Gut hat aufgehebt / da hat er sich mit dem gantzen Leib nider geworffen / und aus Ehrerbietung das Maul hart auf den Boden gedrucket. Endlich zuletzt / wann der Priester den Seegen gab / da hat er sich abermahl nider geworffen / und ist hernach gantz züchtig wiederum davon gangen. Meistens aber ware an diesem Hund zu verwunderen / daß er keinen anderen in der Kirchen gelitten / noch weniger einen unruhig darinn umlauffen / oder Ungelegenheit hat machen lassen / sondern er gieng gantz still hinzu / und führte ihn bey dem Halß zur Kirchen hinauß / und wann er nicht gehen wolte / oder sich widersetzte / da legte er Gewalt an / und bisse ihn hinauß. Solche Hund gehören in die Kirchen / auf daß die unehrerbietige Menschen die schuldige Ehrerbietigkeit von ihnen erlernen mögen etc.[368]

Gewiß ist es / daß die Hund offtermahl theils aus Antrieb der Natur / theils aus absonderlicher Schickung GOttes lobwürdig- und verwunderliche Thaten geübt / fürnemlich aber ungemeine Zeichen der Treu und Danckbarkeit gegen ihre Herren und Gutthäter erwiesen haben / wegen welchen sie wohl Liebens- und Lobenswerth waren.83

Tiberius der Kayser liesse / weiß nicht aus was für Ursachen / Titium, einen adelichen Römer / aufhencken / dessen Hund aber legte sich unter seine Füß /heulte und winselte vor Leid erbärmlich: man wolte ihm zu essen geben / und darmit hinweg locken / aber er nahme durchaus nichts an: sondern als man den Todten-Cörper in den Tyber-Fluß geworffen hat / da sprang der Hund auch ins Wasser / schwame so lang er kunte dem Todten unter dem Kopff / und vermeinend ihne also in die Höhe zu heben / und vom Untergehen zu erretten / biß daß er auch selbst ertruncken ist / und also mit Verwunderung der Zuschauenden gewisen hat / daß er seinen Herrn mehr als sein eignes Leben liebe.84

An dem Königlichen Hof in Franckreich (wie unter anderen der berühmt- und gelehrte Schrifftsteller Procopius erzehlet) war ein Cavalier von seinem Feind heimlich entleibt / und in dem Feld an einem verborgnen Ort verscharret worden / es wußte niemand darum / als nur der Thäter.85 Des Entleibten grosser Hund aber suchte und fande seinen Herrn / er legte sich auf das Grab / und gienge nicht darvon / biß ihn der grosse Hunger nöthigte: alsdann lieff er zwar nacher Hauß / aber so bald er etwas geessen / kehrte er wiederum zu dem Grab seines Herrn zuruck / und dieses zum öffteren / biß man da nachgesucht / den Cörper des ermordeten Cavaliers gefunden und ausgegraben hat: der Thäter aber verbliebe gantz unbekannt. Uber ein geraume Zeit ersahe der Hund den Todtschläger seines Herrn bey Hof / da fienge er an gewaltig zu bellen und wüthen / und wolte ihn grimmig anfallen /also daß mans kaum verwehren kunte. Er wurde dardurch verdächtig / dann der Hund liesse nicht nach mit Bellen und Toben / ihn gleichsam anzuklagen /und an der Mordthat schuldig zu seyn verrathen. Der König liesse ihn darüber examiniren / er aber laugnete es beständig / wohl wissend / daß er von keinem Menschen kunte überzeugt werden: Man hatte doch starcke Indicia und Muthmassungē / die Sach kame dahin / daß der König das Urthel fällte / der Suspecte müsse seine Sach durch ein Duell ausmachen / und mit dem grossen starcken Hund / als seinem Ankläger um Leib und Leben streiten. Man machte Anstalt /und tratte auf den Kampff-Platz: der Hund zeigte sich muthig und freudig den Todt seines Herrn zu rächen /er wetzte seine Zähn / der heimliche Mörder aber seinen Degen. Sie giengen auf einander loß / und griffen hitzig an: der Hund aber / weil er ein gerechte Sach defendirte / wurde Meister / er risse seinen Gegner zu Boden / er erwürgte und zerbisse ihn. Diese Geschicht hat der König abmahlen / und zur Gedächtnuß in dem Ritter-Saal aufhencken lassen. Und auf solche Art hat es dem gerechten GOtt / die heimliche Mordthat zu straffen / beliebt. In Ansehung aber solcher Treu und Danckbarkeit der Hunden solle sich der Mensch billich schämen / GOtt und seinen Gutthäteren undanckbar zu seyn.

Lobwürdig und getreu seynd gewesen jene 50. Hund in der Insul Rhodus, welche die Inwohner vor den Mauren zu Nacht wachen liessen / damit sie vor den Türcken möchten sicher seyn: dann diese wußten die Türcken von den Christen gar wohl zu unterscheiden: wann einer von den Christen ihnen begegnete /pflegten sie ihm zu schmeichlen / wann sie aber einen Türcken antraffen / da thaten sie bellen und ihn anfallen. Wie Sabellius erzehlet.

Lobwürdig ware jener Hund / welcher / obwohlen er hungerig war / dannoch von den Händen Ottonis des Hertzogen von Brandenburg (welcher schweren Verbrechens halber von[369] dem Bischoff Landulpho excommunicirt ware) kein Fleisch annemmen wolte. Dann als der Hertzog zur Tafel sasse / und aus der Excommunication nur das Gespött tribe / sprechend: er habe gehört / daß die Hund von einem Excommunicirten keine Speiß annemmen / nun wolle er es probiren: Er warffe also den Hunden etlich gute Brocken Fleisch vor / aber es thäte keiner was darvon anrühren: Der Hertzog vermeinte / die Hund haben etwan schon vorhin genug gefressen / und liesse derowegen einen 3. Täg lang einsperren / und ihm nichts zu essen geben / alsdann liesse er ihn wiederum zur Tafel führen / und gab ihm Fleisch genug / aber er wolte so wenig von ihm was annemmen / als zuvor: über welches Wunder der Hertzog erstaunet und in sich selber gegangen ist / seinen Fehler erkennet / und sich der Kirchen gehorsam unterworffen hat. Lieb- und lobwürdig war der jenige / der täglich von seines Herrn Tafel ein Stuck Brod genommen hat / selbes aber dem H. Rocho, der in der Wildnuß verborgen war / zugetragen / und ihn ein geraume Zeit darmit ernähret hat. In vita.

Auch das jenige Hündlein ware Lobens werth /welches Margaritham de Cortona, als einen verbuhlten Schleppsack bey dem Rock gezogen / und sie zimmlich weit an das Ort geführt / allwo ihr geweßter Galan ermordet / und als ein stinckendes / mit Würmen erfülltes Aaas gelegen ist: durch welchen erbärmlichen Anblick sie also ist bewegt worden / daß sie sich ernstlich bekehrt und strenge Buß gewürcket hat / auch in die Zahl der Seeligen eingeschrieben worden ist.86

All die erzehlte Hund seynd nutzlich und lobwürdig gewesen.87 Aber es gibt auch vil andere Hund und Hündlein / welche gar nichts nutzen / weder Lobens- noch Liebens-werth seynd / und dannoch von vilen / absonderlich von dem adelichen Frauenzimmer ungemein und unmäßig geliebt werden.

Ich will da gantz nicht taxiren oder tadlen die jenige Personen beyderley Geschlechts / welche ein mäßige Affection zu den Hunden haben / selbige wohl leiden mögen / und zu Zeiten ein Kurtzweil oder unschuldige Freud darmit treiben / absonderlich wann sie sonsten wenig Freud / und keine grosse Geschäfft zu verrichten haben.88 Aber die jenige / welche gar zu starck in die Hund verliebt seynd / ihnen gleichsam ihr Hertz schencken / die mehriste Zeit / und auch zimmliche Kösten darauf wenden / selben in Uberfluß zuschieben die beste Schleckerbißlein: bey dem Tisch und in der Kirchen immerdar täschlen und charisiren etc. Die jenige / sage ich / thut Abert. Joseph Conlin in seinem fürtrefflichen Werck / der Christliche Weltweise genannt / gar wohl und recht mit dem Titul der Hunds-Narren oder Hunds-Närrinen beehren. Dann was kunte wohl närrischers und unbillichers seyn / als ein unnützes Hündlein / als da seynd die Boloneser-und Melitter-Hündlein / die Schoos-Hündlein / die Polster-Hündlein / die Gutschen-Hündlein so übermäßig charisiren / küssen und trucken? so offt / lang und vil darmit parliren / schertzen und schwätzen? auf dem Arm herum tragen? auf den Tisch und in das Beth nemmen? die beste Bißlein aus dem Mund geben? ja so gar (so weit erstreckt sich zu Zeiten die Thorheit des adelichen Frauenzimmers) das Hündlein mein Schatzerle / mein Hertzlein / das Cammer-Mensch hingegen ein Vieh / einen Hund / eine Besti nennen? dem Bella Morell einen Kuß / und der armen Dienst-Magd eine Maultaschen geben? etc.

Ein solche Hunds-Närrin / sagt ermeldter Author, ist unter vilen anderen gewesen jene vornehme Edel-Frau / die also in ihr Hündlein verliebt gewesen / daß sie es allzeit aus silbernen Schüsselein bey der Tafel gespeiset / und von einem Cammer-Menschen aufs fleißigist hat bedienen lassen. Als es aber kranck worden / liesse diese Dam einen berühmten alten Medicum aus der Nachbarschafft beruffen: Dieser / als er in das Zimmer geführt wurde / wo der Patient auf einem sammeten Polster lag / entrüstete sich nicht[370] wenig / hielte es für einen Affront, und beklagte sich /daß man einen Hunds-Doctor aus ihm machen wolte: aber man bemühete sich mit den besten Worten ihn zu besänfftigen / und druckte ihm 2. Species Dublonen in die Hand / mit Bitt / möglichisten Fleiß anzuwenden / und das krancke Hündlein zu curieren. Es hat sich der Unwillen so gleich in ein grosses Mitleiden /aufs wenigist dem Schein nach / veränderet: Er griffe dem Patienten die Pulß / und befande / daß er nicht lang mehr leben kunte / wolte aber gleichwohl sein Bestes thun / und keinen Kosten spahren / er gab dem Hündlein ein köstliches Pulver und Träncklein ein / er præparirte ein kräfftiges Sälblein und Uberschläg etc. aber es wolte alles nichts verfassen / das Hündlein ist gleichwohl verreckt. Da ware Leid über Leid in dem Schloß / die Dam kunte den Todtfall dieses Thierleins nicht genug bedauren: ja sie ließ allen Bedienten schwartze Traur-Kleider machen / und befahle einem /das verreckte Thierlein mit aller Ehrerbietigkeit in einem geweyhten Ort zu begraben / weilen aber diesen unsinnigen Befehl niemand vollziehen wolte / so hat sie den verreckten Hund mit eignen Händen (wie für gewiß erzehlt wird) zur Erden bestattet. O grosse Thorheit einer unmäßigen Hunds-Lieb!

Von einer anderen dergleichen wird ebenfalls gelesen / daß sie in ihr Boloneser-Hündlein dermassen verliebt und vernarret gewesen / daß sie ihm nicht genug wußte zu schmeichlen und liebkosen. Als es aber verrecket ware / da ware sie gar sorgfältig / daß es gleichwohl mit allen Ehren möchte begraben werden. Sie ware von der närrischen Hunds-Lieb also eingenommen / daß sie persönlich zu dem Burgermeister gegangen ist / und selben inständig ersucht hat /er möchte doch ihr liebstes Hündlein in dem Rathhauß begraben lassen. Ey was gedencket sie / sagte der Burgermeister / das kan nicht seyn / es wäre eine Schand / ein Narren-Stuck etc. Ja / replicirte sie / es ist aber ein überaus geschickt- und gescheides Hündlein gewesen etc. Mit einem Wort / sie certirten so lang / biß daß sie mit Darreichung 30. Thaler (O Geld was vermagst du nicht!) den Burgermeister dahin gebracht hat / daß er in der Nacht hat lassen einen Stein aufheben / eine Grub machen / und das Hündlein im Rathhauß vergraben.

Ein andere adeliche und reiche Wittib ware auch also in ihre Hund verliebt / daß sie ihnen die holdseeligiste Nähmen hat geben / nicht nur schleckerhafft gespeiset / sondern auch selbsten gewaschen / gekräußt / gekamplet etc. und am Morgen in der Fruhe zu erst gegrüßt und gekußt etc. Als sie aber tödtlich erkrancket / hat sie mit Schmertzen von ihren Hunden Abschied genommen / und damit ihnen auch nach ihrem Todt wohl solte gewartet werden / hat sie einem jeden ein gewisses Stuck Geld vermacht / darbey aber ihrer selbst und ihrer Seel vergessen.

Es bezeugt auch ein bewährt- und glaubwürdiger Mann / daß er bey dem Todt einer sterbenden Edelfrauen gestanden / welche in ihrem letzten End die Augen scheulich hin und wieder geworffen / und zum öffteren mit halbgebrochner Stimm wehemüthig O Hund Hund gesprochen habe / zu nicht geringem Schröcken der Anwesenden / die gar wohl wußten /wie unmäßig sie zu Lebszeiten die Hund geliebt habe.

Es ist der Brauch / oder vilmehr ein grosser Mißbrauch bey der hochmüthigen Welt / daß man die arme Leuth offt pflegt nur Bettel-Hund zu nennen: Nun aber wäre höchstens zu wünschen / daß alle Cavalier und Damesen an statt der so thorrechten Lieb und unmäßigen Kösten / die sie zum öffteren auf ihre so häuffig- und überflüßige Jagd-Hund und Schoos-Hündlein wenden / darfür die Bettel-Hund (wann sie doch so heissen müssen) die arme Bettler / absonderlich die arme Unterthanen / lieben / favoriren / speisen und träncken thäten /das wäre Christlich / das wäre vernünfftig / das wäre generos und recht[371] Cavalierisch / das ist / edel und Ritter-mäßig: dann wahrhafftig weder mit ihren Spuhr- noch Schweiß-Hunden / weder mit Windspihlen noch Englischen Docken etc. werden sie die Seeligkeit erjagen: wohl aber vermittelst der Bettel-Hunden / der armen Bettler / wann sie selbe wohl halten / sich ihnen günstig und freygebig erweisen / sich erinnerend / daß Christus im Evangelio gesagt hat: Es ist nicht gut / daß man den Kinderen das Brod nemme / und werffe es für die Hund.89 Kinder GOttes aber seynd die Bettler so wohl / als die Reiche und Edelleuth / ja offt GOtt liebere Kinder. Dieses hat gar wohl erkennet und bedencket der gottseelige Hertzog in Savoyen / Amadæus mit Nahmen; dann als ihn einstens ein anderer Fürst besuchte / und fragte: ob er auch ein Liebhaber des Waidwesens seye / ob er auch gute Jagd-Hund habe /er möchte dieselbe wohl sehen. Ja / sagte Amadæus, er habe deren zimmlich vil / und wolle ihm selbe gleich nach der Tafel weisen. Er führte alsdann seinen Fürstlichen Gast in den Vorhoff seiner Residentz /und zeigte ihm da 200. Bettler beysammen / die er täglich zu speisen und zu erhalten pflegte / dieses /sagte der fromme Fürst / seynd zugleich meine Jäger und Jagd-Hund / mit welchen ich den Himmel zu erjagen hoffe. In vita. O wie wenig hat Amadæus Nachfolger unter den Fürsten und Herren bey jetziger Zeit!

Was aber die Wachtbarkeit der Hunden anbelangt /so ist selbe sehr groß / mit welcher sie offt gar gute Dienst thun / indem sie nicht nur das Hauß / und die Schaaf auf der Waid hüten / sondern auch in dem Krieg wider den Feind dienen; massen sie von unterschiedlichen Völckeren seynd gebraucht und abgerichtet worden / daß sie mit grossem Grimmen in die feindliche Trouppen gesetzt und selbige angegriffen haben.90 Als von den Römeren / auch von den Frantzosen / wie Strabo bezeuget / seynd Britannische Hund beschickt / und im Krieg wider ihre Feind gebraucht worden: Deßgleichen von den Spanieren in den Peruanischen Insulen etc. Ja erst im letzt-verwichenen Sæculo, soll der commandirende Graff und General Esseccius in seinem Kriegsheer etlich hundert grosse Englische Hund gehabt haben / als er aus Befehl der Königin Elisabeth wider die rebellische Hyberner angezogen ist / mit welchen er die Feind in Wälder und Höhlen aufgesucht und verfolget hat. Auch noch jetziger Zeit werden in der Gegend von Dalmatien und Croatien wider die Streiffereyen der Türcken Wacht-Hund gehalten: und also geben auch die Hund Soldaten ab.91

Plinius schreibt / daß ein Garamanter König in einer Schlacht von dem Feind gefangen und fortgeführt wurde / da seyen ihm 200. seiner Hunden nachgefolgt / die haben ihn wiederum erlöset / und zuruck in sein Land gebracht. Auch wird für gewiß erzehlt /daß noch zu jetziger Zeit ein gewisser Africanischer König 200. Hund für seine Leibwacht halte.

Den Fleiß und die Wachtsamkeit mögen die Prediger und Seelsorger füglich von den Hunden ersehen: dann sie sollen Sorg tragen und wachtbar seyn / als wie die gute Hund über die ihnen anvertraute Heerd und Häuser / die Wölff und Nacht-Dieb / das ist / den höllischen Feind und verführerische Gesellen sollen sie darvon abtreiben und abhalten.92 Absonderlich wann die Leuth schlaffen / ist es nothwendig / daß die Hund wachen / und auch absonderlich / wann die Menschen in dem Sünden-Schlaff vertiefft seynd /oder in der Trägheit oder Hinläßigkeit schlummeren /da ist es nothwendig / daß die Prediger und geistliche Obere wachtbar und fleißig seyen mit dem Gebett /und mit der Lehr über sie Sorg tragen / sie beschützen / von dem Schlaff aufwecken / und verhüten / daß nicht ferners der böse Feind das Unkraut unter den Waitzen säe / das ist / die / so noch gerecht seynd /auch verführe / zu diesen hat der Apostel gesprochen: Tu vigila, in omnibus labora:93 Sie sollen wachtbar seyn / und[372] arbeiten für das Heyl ihrer anvertrauten Schäflein.

In Norwegen seynd grosse und starcke Hund bestellt und abgericht / die Tag und Nacht Ley den Waaren der Kauffleuthen unter dem freyen Himmel ligen und selbe hüten. Sie seynd also gewohnt / daß /wann ein Frembder kommt / und die Waaren nur zu beschauen verlangt / da lassen sie es geschehen / absonderlich bey dem Tag / wann aber jemand etwas wegrauben wolte / da setzen sie sich darwider / und greiffen ihn an. Die geistliche Waaren der Glaubigen seynd Christliche Tugenden / Verdienst und gute Sitten / diese müssen nothwendig von denen Seelsorgeren und geistlichen Oberen beschützt und bewahret werden / damit sie die höllische Rauber und Seelen-Feind nicht weg stehlen. Aber wann der Hauß- oder Wacht-Hund zu Nacht bellen thut / da soll der Haußherr dencken / es geschehe nicht umsonst / es müsse ein Dieb oder sonst ein Gefahr vorhanden seyn: mithin soll er ihm die Ruhe nicht lassen zu lieb seyn /den Schlaff ausschlagen / eilends zu seiner Sach sehen / oder auch / wann es vonnöthen ist / zum Gewehr greiffen. Eben also / wann der sittliche Wacht- oder Hauß-Hund / das ist / der Prediger oder Seelsorger zu bellen / ich will sagen / wider die Sünd und Laster zu predigen / zu straffen / zu drohen anfangt / oder zuzusprechen / zur Buß / Tugend und Besserung zu ermahnen / da sollen die Untergebne glauben und gedencken / daß es grosse Zeit seye / die Ruhe / die Trägheit zu verlassen / eilends von dem Sünden- Schlaff aufzustehen / ihr Seelen-Heyl in Obacht zu nemmen / die geistliche Waffen ergreiffen / und sich zur Gegenwehr stellen. Die Prediger aber sollen sich hüten / daß sie nicht seyen canes muti, non valentes latrare, stumme Hund / wie der Prophet redet / die nicht bellen mögen / das ist / die aus Zaghafftigkeit oder menschlichem Respect die Wahrheit nicht reden / oder die Laster nicht straffen mögen.

Es gibt noch ein besondere Art der Britannischen Hunden / so man Englische Blut-Hund nennet / sie sollen nicht gar groß seyn / aber diese Tugend und Eigenschafft haben / daß / wann ihrem Herrn etwas gestohlen wird / da gehen sie alsobald auf das Gespuhr loß / verfolgen den Dieb über Wasser und Land / mit Lauffen und Schwimmen lassen sie nicht nach / biß daß sie den Dieb eingehohlet / gestellt und genöthiget haben / das gestohlne Gut wiederum herzugeben. Eben also sollen auch die eyferige Seelsorger beschaffen seyn / wann sie vermercken / daß der höllische Rauber ihrem Herrn / das ist / Christo durch ein schwere Sünd eine Seel geraubt oder entführt haben /da sollen sie mit Bitten und Betten nicht nachlassen /mit Straffen und Ermahnen anhalten / biß daß sie dem höllischen Feind die entführte Seel wieder abjagen /und selbe Christo zuruck bringen etc.

Ubrigens / obwohlen die Hund vil Gutes und löbliche Eigenschafften an ihnen haben / so seynd sie doch von Natur sehr neidig und häßig gegen einander: Es heißt da:


Dum canis os rodit, socium quem diligit, odit.


Niemahl zwey Hund bey einem Bein /

Können wohl zufrieden seyn.


Sie mißgonnen einander das Essen und andere Kommlichkeiten / sie können es nicht leiden / wann einer mehr bey seinem Herrn gilt / und mehr bekommt als der andere / sie fressen auch / wie oben gemeldt /offt mehr hinein / als sie mögen und ertragen können /was der eine bekommt / das meint der andere / es gehe ihm ab / wann er es schon nicht vonnöthen hat.94 Eben also machen es auch die neidig- und häßige Menschen: sie sehen des anderen Glück und Wohlfahrt nicht anderst / als mit scheelen Augen und bitterem Hertzen an: es ist ihnen nur darum übel / weilen anderen wohl ist / was einem anderen zugelegt wird /das meynen sie / werde ihnen entzogen /[373] und des Nächsten Ehr oder Erhöhung seye ihr Schimpff und Unterdruckung. Eben deßwegen verlangen sie auch jene Güter zu haben / welche ihnen weder nothwendig noch anständig seynd / nur damit selbe kein anderer bekomme.

Es ist aber der Neid eigentlich / wie Augustinus und andere lehren: Dolor ex aliena felicitate conceptus: Ein Leid oder Schmertzen wegen des anderen Wohlfahrt.95 Von den Poeten aber wird der Neid sinnreich abgebildet in der Gestalt eines häßlichen /alten / gantz bleich- und mageren Weibs mit Schlangen umgeben: in Gestalt eines Weibs zwar / weilen dieses Laster ein Anzeigen ist eines schwach- und weichen / gar nicht aber eines mannlichen starcken Gemüths: eines bleich- und mageren Weibs / weilen der Neid dem Menschen das Hertz abnaget / keine Ruhe lasset / und ihn / als wie der Rost das Eisen verzehrt: eines alten Weibs aber / weilen der Neid eines aus den ältisten Lasteren ist / dann schon der Cain bald nach Erschaffung der Welt / hat den Abel aus Neid todt geschlagen: ja die höllische Schlang hat in dem Paradeiß den Adam und Evam aus Neid betrogen und verführt: Invidiâ diaboli mors intravit in orbem terrarum:96 Endlich mit Schlangen umgeben / weilen / gleichwie die Schlangen (aufs wenigist eine gewisse Art derselben) nicht anderst auf die Welt kommen /ehe sie zuvor ihrer eignen Mutter den Bauch aufgebissen / und sie getödtet haben / also der Neid und Haß schadet zum allerersten / ja auch zum allermeisten dem jenigen / der ihn im Hertzen traget / und hernach thut er sich erst ausgiessen / auch anderen zu schaden.

Deßwegen gar füglich ein gewisser Symbolist in seiner Idæa hominis Christiano-Politici den Neid durch einen Hund / der auf einen starck-gestachleten Igel beisset / entworffen hat / mit beygefügter Sinnschrifft: Lædendo læditur ipse: Der da verletzt / wird selbst verletzt. Weilen nemlich der Hund dem Igel keinen Biß zubringen kan / ohne daß er zuvor sein eignes Maul wacker versteche. Also gewiß ist es:


Invidus invidiâ læditur ipse suâ.


Der Neidig nur ihm selber schadt /

Und doch von frembdem Gut nichts hat.


Gleichwie hingegen / der dem Nächsten die von GOTT ihm ertheilte Gaben und Gnaden gönnet / und sich darab erfreuet / der macht sich frembder Glückseeligkeit theilhafftig.

Aber gleichwie der Neid das ältiste Laster auf der Welt ist / also ist er auch das allergemeiniste: Er ist ein schier allgemeine Pest / mit der fast jederman angesteckt ist / alle Ständ und Alter seynd mit dieser Kranckheit behafft: zu allen Zeiten / und bey allen Leuthen / an allen Orten / und bey allen Porten klopfft er an / und wird schier überall eingelassen. Auch in dem Apostolischen Collegio ist ein Streit entstanden: quis eorum major esset,97 welcher unter ihnen der Gröste wäre.

Der Neid ist gleich einer Nachteul / so das Sonnen- Liecht hasset / er kan den Glantz des frembden Lobs /der frembden Tugend und Wohlfahrt nicht gedulten /und gleichwie das Unkraut den Waitzen erstecket /damit er nicht höher aufwachse / als es ist / also sucht der Neid den Wachsthum oder Aufnahm frembder Wohlfahrt zu hemmen und zu unterdrucken.

Der König Saul ware dem David so neidig / daß er ihn suchte ums Leben zu bringen / nur dessentwegen /weilen das Israelitische Frauen-Volck diesem siegreichen Uberwinder frohlockend hat zugeruffen: Percussit Saul mille, David autem decem millia:98 Saul hat tausend / David aber zehen tausend erschlagen. Dieser Lobspruch hat in den Ohren des Sauls so übel gelautet / daß es ihm ist unerträglich gewesen. Der Neid hat den Daniel in die Löwen-Grub / den unschuldigen Joseph in die Gefangenschafft / und vil tausend andere um Haab und Gut / um die Ehr und um[374] das Leben gebracht. Der Neid ist fera pessima, jenes böse grimmige Thier / welches schon unzahlbar vil nicht nur gebissen / sondern zerrissen und gäntzlich verzehret hat.

Soliman, ein Türckischer Kayser / hat Mustapham seinen ältisten Sohn / als er nach überwundenen Persianeren sigreich ist zuruck gekehret / und von den Byzantineren mit einem herrlichen Triumph empfangen worden / in seinem Zimmer erwürgen lassen / nur weil er ihm die Ehr des Triumphs mißgunte / wie er dann auch seinen Cörper den Soldaten hat vorgeworffen / und gesprochen: Unus in terris Deus, & unus Solymannus. Er wolte sagen: Gleichwie man nur einen GOtt / also man auch nur einen Solyman, nemlich ihn alleinig verehren soll.

Unbeschreiblich groß und vilfältig ist der Schaden /welchen der Neid verursachet / so wohl in gemeinem als Privat-Weesen / in sittlichen und politischen Sachen: so wohl das Tugend-Gebäu der Christlichen Vollkommenheit / als den Staat einer guten Policey thut er untergraben und über einen Hauffen werffen.99 Unter Fürnehmen und Gemeinen stifftet er vil Unglück an / unter Frembden und Einheimischen /unter Brüder und Schwesteren / Edlen und Unedlen /Geistlichen und Weltlichen / Gelehrt- und Ungelehrten.

Aus lauter Neid seynd (wie ich im Theatro vitæ humanæ tit. Invidia lise) vil Bücher Greg. M. von seinen Mißgönneren verbrennt worden / weilen sie ihm die Ehr bey der Nachwelt mißgunnt haben. Absonderlich thut der Neid als wie die Storcken gern an hohen Orten / ich will sagen / bey grossen Höfen / ja gar unter den Königlichen Cronen einnisten.

Ein scheinbares / aber ärgerliches Exempel dessen hat die Welt an dem Kayser Hadriano, dieser kunte den hinterlassenen Ruhm seines Vorfahrers / des Kaysers Trajani so gar nicht erdulten / daß er auf alle Weiß trachtete denselben gäntzlich auszutilgen. Weilen dann Trajanus der vorige Kayser durch seinen Fleiß und Tapfferkeit gantze Landschafften eroberet /und zum Römischen Reich gebracht hatte / nemlich Armeniam, Assyriam und Mesopotamiam etc. So hat Adrianus aus lauter Neid und Haß diese zum Reich erworbne / und ihm zugehörige Landschafften selbsten wiederum vergeben / nur daß man nicht mehr kunte oder solte sagen / er habe eine Landschafft unter ihm / welche Trajanus durch seine Tapfferkeit erworben hat. Ja der verfluchte Neid hat diesen thorrechten Regenten also eingenommen / daß er so gar auch ein ansehnlich- und herrliche Bruck / welche sein Vorfahrer aus lauter gehauenen Steinen über die Donau mit grossen Kösten hat bauen lassen / befohlen hat zu zerstöhren und niderzureissen: Es seynd noch heutiges Tags unter Belgrad einige Zeichen / wie man sagt / darvon zu sehen.

Wann nun der Neid bey dem Haupt / bey dem Regenten selbst so vil vermag / wie wird er nicht unter den Gliederen / unter den Hofleuthen grassiren? Ja /da ist er gar gemein und starck. Nichts gewöhnlichers ist bey Hof / als daß ein Minister oder Beambter aus Neid den anderen aus dem Sattel hebe / durch Verläumdung oder falsche Inzüchten verschwärtze und hintertreibe. Wann ein einträgliche Charge, Beamtung oder Ehren-Stell vacirend ist / und der regierende Herr eine Promotion vornehmen will / oder würcklich ein taugliches Subjectum darzu erkisen hat / da blaset alsobald der Neid das Horn / er rührt die Trummel /und bringt alle Æmulos, Competenten und Mißgönner in den Harnisch / sie bemühen sich auf alle Weiß /sie sinnen Tag und Nacht / wie sie die Sach hintertreiben / den Principal auf andere Gedancken bringen /und das Wasser auf ihre eigne Mühle richten mögen: dieses gibt ihnen gar vil zu schaffen und zu sorgen. Da heißt es eigentlich / wie der Poet singt:
[375]

Curia dat curas, ergo si vivere curas

Et benè securè, non sit tibi curia curæ.


Bey Hof ist alles Sorgen voll /

Wann man nach Ehr thut trachten.

Darum wann du wilst leben wohl /

Des Hofs Ehr thu verachten.


Sehr vil / wie bißhero gemeldet worden / schadet der Neid in dem sittlich- oder geistlichen Weesen /auch vil in dem politischen Weesen und guter Staats-Ordnung / aber gewißlich nicht weniger in dem Kriegs-Weesen / in den Kriegs-Räthen und Feldschlachten. O da ist es gar gefährlich / ja höchst schädlich / wann der Neid und Eyfersucht unter den commandirenden Herren Officieren regieret / wann selbe nicht zusammen sehen / einer dem anderen die Ehr nicht gunnet / desselben guten Rath oder Vorschlag nicht secundirt / das vorhabende Dessein nicht getreulich ausführen hilfft / oder gar in würcklichem Treffen / bey andringender Noth und Gefahr nicht in Zeiten dem anderen succurrirt und ihn secundirt /sondern zum grösten Schaden und Nachtheil seines hohen Principals stecken lasse etc. welches alsdann Land und Leuth büssen und entgelten müssen: Dieses und vil mehr anders seynd lauter schlimme Folgereyen des verfluchten Neids.

Was der Neid im Krieg vermöge / hat unter tausend anderen nur gar zu wohl erfahren der weltberühmte Held und Feld-Obriste Bellisarius, welcher / nachdem er durch seine Klug- und Tapfferkeit so vil Land und Leuth bezwungen und eroberet hat / auch deßwegen in höchsten Glücks- und Ehren-Stand gesetzt worden / mit einem Wort / nachdem er auch die mächtigiste Feind überwunden / da hat er doch den Neid nicht überwinden können / sondern ist von demselben überwunden und gestürtzt worden: Seine Mißgönner haben nicht nachgelassen / biß daß sie dem Kayser das Hertz von dem Bellisario also abgewendet / ja also wider ihn verbitteret haben / daß er ihn aller Ehren und Güter beraubt / an den Bettelstab gebracht / und beyde Augen hat ausstechen lassen / damit er ja sein Unglück mit blutigen Zähren beweinen möchte.

Was endlich die Burger und Bauren anbetrifft / die Kauff- und Handels-Leuth / ja auch die Arme und Bettel-Leuth / so ist es abermahl von täglicher Erfahrung mehr als genug bekannt / wie daß der Neid unter ihnen so starck grassire / wie einer des anderen Glück und Aufnahm mit so scheelen Augen ansiehet / und zu hintertreiben suchet: ja selbst gern ein Aug gibet /wann nur der andere gar blind ist / ich will sagen /gern einen einfachen Schaden erdultet / wann nur der andere einen doppleten leidet. Aus welchem allem gar klar erscheinet / wie so billich der H. Cyprianus gesprochen hat: Der Neid seye ein Wurtzel aller Ubel / ein Brunnquell der Todtschlägen und Ungerechtigkeit / und eine Versammlung der Laster.100 Hingegen sagt Augustinus in Joan. Tolle invidiam, & tuum est, quod habeo, tollam invidiam, & meum est, quod habes. Lege ab den Neid / so ist dein / was ich habe / und wann ich ablege den Neid / so ist mein / was du hast.

Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738, S. 367-376.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Der historische Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erzählt die Geschichte des protestantischen Pastors Jürg Jenatsch, der sich gegen die Spanier erhebt und nach dem Mord an seiner Frau von Hass und Rache getrieben Oberst des Heeres wird.

188 Seiten, 6.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon