Dem

Hochwürdigen des Heil. Röm. Reichs

Prælaten und Herrn

HERRN

ALPHONSO

Abbten des Hochlöbl. Reichs-Stifft

und Gotts-Hauß Weingarten,


Herrn der Freyen Reichs-Herrschafften Blumenegg, und Brochenzell, der Löbl. Josepho-Benedictinischen Congregation in Ober-Schwaben Præsidi, des Löbl. Collegial-Stiffts Bettenbrunn Commissario Pontificio, und perpetuirlichen Reichs-Deputato etc.


Meinem Gnädigen Herrn.


Hochwürdiger des Heil. Röm. Reichs Prælat

Gnädiger Herr Herr etc.


Der Weiseste unter denen Königen, der Salomon ist es gewesen, wie die Heil. Schrifft bezeuget, welcher zu erst und zum besten von der Wissenschafft und Erkanntnnß der natürlichen Dingen geschriben, und deroselben Beschaffenheit oder Eigenschafften erkläret hat. Disputavit super lignis à cedro, quæ est in libano, usque ad hysopum, quæ egreditur à pariete: & disseruit de jumentis, & volucribus & reptilibus & piscibus:1 sagt der Heil. Text: Er hat von den Bäumen geredt, vom Ceder-Baum an biß auf den Hysop, der aus der Wand herfür wachst: auch hat er weislich geredt von dem Vieh und den Vöglen, und kriechenden Thieren, und von den Fischen.

Weilen aber die Nachwelt mit der Zeit dieses kostbaren Schatzes (ich will sagen der Salomonischen Schrifften oder Bücheren) mehrentheils ist beraubt worden, so hat der grosse Welt-Herrscher, der König Alexander ein Lust bekommen, und die Resolution gefaßt, solchen Verlurst nach Möglichkeit, durch ein neue Beschreibung dieser Dingen, wiederum zu ersetzen.

Dieses grosse Werck und Vorhaben aber glücklich auszuführen hat er kein tauglicheres Instrument zu seyn erachtet, als seinen getreuen und unvergleichlichen Lehrmeister, den weltweisen Aristotelem. Disem also hat er das gantze Geschäfft anvertraut und überlassen: diesem hat er die Natur und Eigenschafften aller Thieren zu erkundigen und zu beschreiben committirt und anbefohlen: welches dann auch ermelter Aristoteles mit 50. hiervon geschribenen Bücheren löblichist bewerckstelliget und vollzogen hat. Zu diesem vorgesetzten Endzweck aber, und die erforderliche grosse Kösten zu bestreiten, hat der König dem Aristoteli ein gewaltige Summen Gelds, nemlich acht hundert Talenten, wie Athæneus schreibet, oder wie andere wollen viermal hundert und achtzig tausend Cronen verschafft und angewisen. Er hat ihm auch sehr viel Mitthelffer, nemlich, wie Plinius sagt, ein und anderes tausend Personen zu geben, und zwar lauter solche Leut, die sich auf das Jagen, Fischen und Voglen verstunden, welche auf sein Anordnung alle Gattungen der Thieren, so viel es immer möglich ware, in dem Griechenland, und in gantz Asien aufbringen, und ihme zuführen müsten, damit er also deroselben Natur und Eigenschafften desto besser erkundigen, und füglicher beschreiben möchte.

Aber wohin solle dieses geredt seyn? Hochwürdiger Reichs-Prælat, Gnädiger Herr Herr!


Si licet in parvis exemplis grandibus uti:


Wanns erlaubt in kleinen Sachen

Ein so grosse Gleichnuß zmachen.


So hab ich auch bereits von dergleichen Materien etwas weniges zusammen getragen, und in gegenwärtige Truck-Blätter verfasset. Ich hab mich beflissen in der Einsamkeit meiner Cellen das weitsichtige Reich der Natur zu durchwandern, die Natur und Eigenschafften der mehresten und fürnehmsten Geschöpffen zu erklären, und mit einer Moralisirung oder sittlichen Application zu begleiten. Wann ich es aber nicht allzeit so eben getroffen hab, wie man es villeicht verlangen möchte, so bitt ich solches einerseits der Menge so viel unterschidlichen Materien, anderer seits aber dem Abgang meiner Kräfften zuzuschreiben, und in Gnaden nachzusehen.

Indessen gleichwie der mehrgemelte Aristoteles seine Bücher de animalibus dem grossen Alexandro, als seinem König und Herrn, fürnemlich zugeeignet und schuld verpflichtet zugeschriben hat, also (si licet in parvis etc. sag ich nochmahlen) als thue ich auch hiermit dieses gegenwärtige Buch de rebus naturalibus moraliter expositis Euer Hochwürden und Gnaden, als meinem Hochgebietenden Gnädigen Herrn und Reichs-Prælaten in Unterthänigkeit dediciren, und selbes Dero hohen Nahmen, als ein schuldverpflichtes Eigenthum zuschreiben, mit angehenckter demüthiger Bitt, solches nicht anderst, als eine offenbahre Zeugnuß meiner hegenden tieffen Veneration, und devotesten Respects in Dero hohen Schutz und Hulden aufzunemmen, und in Gnaden anzusehen. Welches ich um so mehr verhoffe, weilen ich versichert bin, daß Euer Hochwürden und Gnaden aus einer angebohrnen Milde nichts, auch geringes, zu verachten pflegen, wann es immer aus einem aufrichtigen Gemüth, und wohlgesinnter Meynung (wie diese meine gegenwärtige ist) herrühret.

Es hat auch dieses, obwohl geringe Truckwerck, weilen es mit geistlich- und weltlichen Materien oder Sachen zugleich vermenget ist, eine sonderbahre Freyheit in die gnädige Händ Eines solchen Regierenden Herrns eingereicht zu werden, welcher schon vor angetrettener Seiner preißwürdigsten Regierung, in geistlich- und weltlichen Aemteren und Geschäfften bestens erfahren und geübt gewesen ist.

Von der Zeit aber Dero höchst meritirten Erhöhung zu der Reichs-Prælatischen Würde, da hat sich alsobald ein weitsichtiges Tugend-Feld von neuem eröffnet, in welches jetzund mein Feder begierig auslauffen wurde, wann ich nicht wuste, daß ich mit einem solchen Regierenden Herrn zu thun habe, welcher ein vil grösseres Belieben tragt, immerdar mehr preißwürdige Thaten zu üben, als wegen den schon geübten gepriesen zu werden.

Doch aber jenen dreyfachen und ungemeinen, auf einen höchst löblichen Endzweck abzihlenden Eyfer soll ich nicht gäntzlich mit Stillschweigen umgehen: nemlichen den Eyfer der Ehr GOttes, und der Zierd des Hauß GOttes: den Eyfer der Clösterlichen Disciplin oder regularischen Observanz: und den Eyfer der Wissenschafft oder Gelehrtigkeit. Den ersten betreffend, ist selber so scheinbar und klar, als klar und scheinbar ist das Silber und Gold, welches Euer Hochwürden und Gnaden so generos und reichlich als Gottseelig in kurtzer Zeit zur Auszierung der Kirchen und Altären verwendet haben. Der anderte lässet sich täglich und mercklich verspühren durch die fleissige Obsicht und Sorgfalt, daß alles wohl und recht hergehe, daß nichts verabsaumt werde, was immer in einem wohlgeordneten Gottshauß erforderlich ist. Der dritte Eyfer endlichen veranstaltet und verschafft, daß nicht nur die Studia Domestica in beständigem Flor erhalten werden, sondern daß auch an andern hohen Orthen zumahl die Altiores Facultates von Euer Hochwürden und Gnaden mit wohlanständigen Professoribus bereits seynd versehen worden.

Demnach ist nichts mehr übrig, als der aufrichtige Wunsch, und die inbrünstige Bitt aller getreuen Unterthanen, und anderer Wohlgesinnten, welche fürnehmlich dahin abzielen, daß der Allerhöchste, der ein Ausspender aller wahren Güter ist, Euer Hochwürden und Gnaden de rore Cœli & pinguedine terræ, ich will sagen, des Leibs und der Seelen hoches Vergnügen und Wohlergehn, reichlich ertheilen, und mild-Vätterlich segnen wolle, auch Dero preißwürdigsten Regierung ein zahlreiche Nachfolg der glückseeligisten Jahren gnädigst beylegen, so wohl zur Remunerirung der schon bereits erworbenen vielen und hochen Meriten, als auch zur glücklich- und erwünschter Ausführung Dero löblichist vorhabenden Desseins und Intentionen. Mit welchem treu devotisten Wunsch ich, in Unterthänigkeit zu beharrlichen hochen und Vätterlichen Hulden mich gehorsamst empfehlend, es schliesse.


Euer Hochwürden und Gnaden

Meines Gnädigen Herrn Herrn


Weingarten den 31. Dec. 1737.


Unterthänig gehorsamster Sohn

F. Wilibaldus Kobolt

Professus Weingartensis.


Fußnoten

1 3. Reg. c. 4. v. 33.


Facultas.

Reverendissimi & Amplissimi D.D. Præsidis Congregationis Benedictino-Suevicæ, & Abbatis Weingartensis.

Nos Alphonsus DEi gratiâ Abbas Imperialis Monasterij Weingartensis, & congregationis Benedictino-suevicæ Præses, tenore præsentium facultatem concedimus, ut Liber iste Die groß- und kleine Welt etc. intitulatus à R.P. Wilibaldo Kobolt Monasterij nostri Capitulari compositus, & à duobus Theologis lectus & approbatus, utpote multorum piæ curiositati satisfacturus, publicis typis committi valeat. In cujus rei fidem has Literas manu propria subscriptas, & nostro Abbatiali sigillo munitas dedimus, Die 31 Decembris 1737.

ALPHONSUS

Abbas p.t. Præses.


Approbatio Censoris.

Opus hoc, Cujus Titulus, Die große / und kleine Welt etc. prout nec à fide orthodoxa, nec à bonis moribus in minimo recedit, ita tantò præstantiorem promeretur Commendationem, quòd verbi Divini Concionatoribus amplissimam præbeat materiam, auditores instruendi quomodo à creaturis tanquam per scalam ascendere valeant ad cognoscendum & amandum DEum Creatorem nostrum. Augustæ Vindel 10. Ianuarij 1738.


Imprimatur H.S.


Augustæ ex ædibus Viciariatûs

16 Januarii 1738.


Joan. Adamus Nieberlein SS. Th.


Doct. Epis. Diocl. Suffrag. Eystett. Can.

Cath. Eccl. Aug. Consil. & Vic. Gen.


Franc. Jos. de Handl, SS. Th. Lic.


Reverend. & Celsis. & Princip. & Episc. Consil. & Aug. Consil. Eccles. maj. Pœnit. & Librorum Censor, nec non insig. Ecclesiæ ad S. Maurit. Can. & Parochus.


Censura Ordinarii.

Liber præsens, Die groß / und kleine Welt natürlich- und sittlicher weiß zum Lust / und Nutzen vorgestelt / intitulatus, præter curiosum seu dulce habet utile, dum lectorem inspersis ubíque aptè & commodè doctrinîs asceticîs à Creaturis ad ipsum Creatorem, seu ultimum finem, agnoscendum & amandum manuducit. Cùm oroin nihil contra fidem aut bonos mores doceat pro plurium utilitate publicis typis Divulgari potest. Ita censet Constantiæ 25 Martij 1737.


Franciscus Ignatius Inselin SS. Th.


Lic. Cels. & Rev. S.R.I. Principis & Episc. Constant. etc. etc. Consil. Eccles. & Insig. Colleg. Eccl. S. Joan. Canon. & Paroch. Censor Lib. Ordinar. mpr.

Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738.
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