Der 1. (16.) Kühlpsalm

[48] Als er an seinem 27. Geburtstage ein dreifaches dankfest hilt mit seinem von Gott beigefügtem hause, zu Bromly bei Bow den 25. Horn. 1678. fünf Tage vor der Reise nach Rom.


1.

Gelobet seistdu, Gott! Gott Vater, Sohn und Geist!

Gelobt dein heilger Nahm, und sonder end gepreist!

Der Tag wird dir geweiht, mein Gott, zu deinen ehren!

Drum sol mein gantzes Haus mit mir dein Lob vermehren.


2.

Gelobet seistdu, Gott, von mir in diser Stund,

Darinn mit Aa zuerst verherrlicht dich mein Mund!

Der du gantz wunderlich das Leben mir gegeben,

Und wunderlicher noch dich lässest itz erheben.


3.

Gelobet seistdu, Gott! du riffst mich, eh ich war,

Eh meine Mutter mich mit schmertzen dargebahr!

Du hast von Ewikeit mich zu dem Werk erkohren,

Und wilst vollenden gleich, zu dem du mich gebohren.


4.

Gelobet seistdu, Gott, vor meiner Zeiten lauff!

O wonn! dein Jahr ist dar! Vil tausend warten drauff!

Du hast mich hingeführt durch nigehörte gänge,

Und räumlich durchgebracht durch tausend Angstgedränge.


5.

Gelobet seistdu, Gott, unendlich so vil mahl,

Als weggeflossen mir Minuten an der zahl![48]

Kommt Engel! Engel kommt und was bei Jesus oben,

Um Gott vor seine Gnad an mir mit uns zuloben!


6.

Gelobet seistdu, Gott, mit neuempfangner Krafft

Schon dises neuen Jahrs vor neue Gnadenschafft!

Wi dise neue Uhr dem innerm wil beginnen:

So las dem euserem auch solches Licht zurinnen.


7.

Gelobet seistdu, Gott, vor mein verpfeiltes Leid,

Das sich verwandelt hat nunmehr in lauter Freud!

Vil meinten bös mit mir, di mich sehr böslich schalten!

Doch du machst, das ich kan dein Dankfest fröhlich halten.


8.

Gelobet seistdu, Gott, vor deinen Wunderschlus,

Der längst beschlossen ward; nach dem mirs gehen mus!

Ich seh und seh ihn wohl im Spigel der Propheten!

Si mochten Joseph ni, ni Daniel ertödten.


9.

Gelobet seistdu, Gott! Gott Vater, Sohn und Geist!

Gelobt dein heilger Nahm, und sonder end gepreist!

Der Tag ward dir geweiht, mein Gott, zu deinen ehren!

Drum sol mein gantzes Haus mit mir dein lob vermehren.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 1 (Buch 1–4), Tübingen 1971, S. 48-49.
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