Der 14. (89.) Kühlpsalm

[156] Damit er salbte den Kühlprophetischen Morgen- und Nordenlöwen des bleieren und stählernen Schwerdtes zur wesentlichen beschützung seines Kühlprophetischen Weisblauens, nach dem Geiste nunmehr in Jerusalem den 24 Aug. und 6. 7. Septemb. 1682. darauf 1683. des Teckely Aufzug und der Türken Winbelegerung den Pabst und Mahomet auf di Kotterische Wage der dreifältigen versuchung geleget, dessen Ausschlag nach viler Jahre sigen und unterligen, ist des Pabstes untergang und der Türken bekehrung.


1.

Auf, Löwen, Auf von Ost und mitternacht.

Vernehmet ernst Jehovens ernste stimm!

Greifft Babel an, bis Babel unterbracht!

Vollführet ernst den ernstgedräuten grimm![156]

Ein güldnes Schwerd schlägt euch zu Ritter,

Das Blei und Stahl nicht gebe splitter.

Ein güldnes Schwerd gibt euch den Sig,

Das A.H.A.B. schändlich unterlig.

Vom güldnem Schwerd sind euch di Schwerdter kommen!

Auf, Löwen, auf, das Gottes Rach vernommen.


2.

Belohnt di Huhr, als es di Huhr verdint,

Di auf dem Berg an ihrer Tiber blitzt!

Entgrünet si, wi tausend si entgrünt!

Erhitzet si, wi A.L.L.E.S. si durchhitzt!

Rächt Gottes Knechte, di Propheten!

Ertödtet si, wi si wolt tödten!

Schenkt duppelt ein, was eingeschenkt!

Tränkt si mit blutt, wi si getränkt!

Macht taumeln si, im eignem blutt versunken,

Di noch vom blutt der beiden zeugen trunken.


3.

Catholisirt nach der Catholschen art!

Schlagt hände weg, wi si wegschlug!

Haut ab di füss, als abgehauen ward!

Reisst zungen aus nach ihrem trug!

Enthauptet si, wi si gewohnet!

Verschonet si, wi si verschonet!

Verbrennet si, wi si verbrand!

Durchrennet si, wi si durchrannt!

Bekehrt di Huhr, wi si zuvor bekehret!

Gewähret ihr, was si zuvor gewähret!


4.

Drauf, Titus, drauf, der du vom Morgen eilst!

Jerusalem reitzt erst nun deinen zorn!

Ich sehe dich, wi du ergrimmet pfeilst,

Und gantz zubrichst des virdten Thires horn!

Drauf, fälle Babels Götzentempel

Noch zehnfach über all Exempel!

Verbrenne Klöster und Palläst,

Und was an ihren Städten fest!

Zerbrich mit ernst di hochgetürnten Mauren!

Bring, bring dem Gog unendlichsttraurigst trauren!
[157]

5.

Eröffne dich, du Abgrundssechsgestalt!

Du grausames erschrekkliches Gebrüll!

Di Gottesrach ertheilt dir hauptgewalt!

Di dich gebahr, genüsse deine füll!

Geh raus, geh raus vom Abgrundsgrunde

Zum Sechsgerichtes Feuerschlunde,

Aus Gottes fluch, aus Noachs flutt,

Aus Sodoms feuer, Egyptens Rutt,

Und endlich aus Jerusalems verzehren,

Um aus dem fünff den Sechszorn zugebähren.


6.

Feur Magog an, bis A.H.A.Bs Gog durchfeurt!

Besechs sein sechs aus dem dreieingem weh!

Sechsungeheur! Eilt, eilt, verungeheurt

Den gantzen kreis nach der Sechstiff und höh!

Der Leib verbleibe nur dem siben:

Ihr Sechssechssechs sei recht bekliben!

Durchsechse Gottes Richterspruch

Zur Gottes Allmacht guttem Ruch!

Erndt, Abgrund, ein nun deines Sechsgeistsfrüchte

Im Sechsgericht zum ewigem Gerichte.


7.

Gerechter Gott! Es ist nunmehr geschehn!

Dein recht ist recht! Gib beiden Löwen krafft!

Wi wir gefleht, mus Babel widerflehn!

Wir jauchtzen dir nach deiner eigenschafft!

Das Mordgeschrei der zwei Todschläger

Gereichet ni in unsre Läger!

Di zwischenklufft ist ewiggros,

Ob beide sind in einem Los.

Was hir ist freud, ist dort ihr leid anklagen:

Was dort ist Leid, ist hir nur Freudbehagen.


8.

Höchstheiligster! Welch grosser stimmenschall?

Wi hell und schnell fährt her dein sibnes Heer?

Was ungestühm! Ach Erdenbebungsknall!

So weit! so breit! so hoch! so tif! so quer!

Dis ist das längstgesagte wetter

Zum untergang der falschen Götter!

Der Schlag und Tag, davon di Schrifft

Aus aller Heilgen lippen trifft![158]

Der Schlag und Tag, da unser Grosfürst siget,

Dadurch der Drach mit ewig Ach erliget.


9.

Ist dis di Stadt? di grosse? Wird si wüst?

Si wird zertheilt! Ihr Euphrat abgeführt!

Des Magogs Ost vertrokknet ihre Brüst!

Des Edoms Nord hast erst di flamm geschirt!

Das Wehwehweh wil alles glühen,

Davon di Stein zum Hermann schrihen!

Zum Hermann, den das Ross vermahnt,

Als nichts noch Hamburgs Pristern ahnt.

Nun fühlen si mit Wehwehweh ihr schnauben,

Als Wehwehweh si schneidet vor di drauben.


10.

Kelchstreiter, auf! Der Kelch wird schon gesätzt!

Di Kelter ist voll Gotteszorns gebaut:

Hat Gnadenwein des Lammes euch verletzt,

Der zornwein wird voll Gotteszorns geschaut.

Weil Christi Blutt dem Kelch entnommen,

Ist euer blutt in Kelch gekommen.

Der Kelter blutt geht an di zäum!

Wi theuer stehn Propheten träum?

Eur Kelch bleibt voll, imehr er euch getränket.

Trinkt, trinkt geschwind, das neues eingeschenket!


11.

Lernt ihr zuspät des Christi bluttes schatz?

Des heilgen leibs höchstwesentliche gütt!

Was sucht ihr nun am Christi tische platz!

Unmöglich ist der einst verschlossnen bitt.

Wi ihr verhäuffet unsre bängnis:

So geht es euch im Geistgefängnis.

Di ihr das sechsgericht vernarrt,

Seht, wi ihr auf das jüngste harrt!

Sehrtraurig wird vergolten euer spotten.

Der Schertz wird theur um A.L.L.E.S. euren Rotten.


12.

Meint, spötter, ihr zuflihen, wi es dünkt?

Verblendte, seht den hagel in dem Pol?

Er fällt auf euch! Seht, seht, wi ihr ersinkt?[159]

Di Centnerplag belohnt eur heucheln wohl.

Da kommt der Ausbund der Tyrannen,

Der Christum wil aus euch verbannen!

Das Morden ist bei ihm nur schertz:

Er wil auch euer Seel und hertz.

Weh, spötter, weh! Er ist, den Gott euch dräute.

Der Prüfer nimmt als vih euch zu der beute.


13.

Nakkt steht ihr da, di ihr vor stoltz geschmükkt!

Wi ihr entblösst, wird blöss euch anbequemt!

Erschrekklichst hat eur urtheil euch entglükkt!

Ziht ihr als vih di Wagen blos, beschämt,

Mit Vätern, Müttern, Brüdern, Schwestern?

Man geisselt euch um Christ zulästern,

Um abzuschwären seinem wort

Auf ewigst, nicht nur disem Ort.

Wi kostbar steht euch Christi Geists verstöhren?

Wi ihr geprüfft, prüfft Gott nun euer lehren.


14.

Ohnmächtig wird am Menschenmarkt mein Geist!

Wird Menschenfleisch dort offentlich verkaufft!

Allmächtiger! Schaut, wi man drum sich reisst?

Wi man im grimm des Gottesgrimmes laufft?

Gerechter Gott! Wi wirds gerochen,

Was man an deinem Volk verbrochen!

Was wird im Abgrund hir gezeigt,

Wann alles ewigewigst steigt?

Welch wehwehweh! dir Abgrund selbst ungründlich!

Was wohlwohlwohl! im ungrund uns empfindlich.


15.

Printz Jesu Christ! Wi si dein blutt versprengt:

So Kelterstdu von ihnen blutt stat Wein.

Welch Bluttstrom strömt, den deine Kelter zwängt?

Es wird dein kleid in disem bluttflus rein.

O Printzen Printz! Welch wundernahmen?

Ist dis das Volk von deinem samen?

Welch Pferd? Was Schwerd? Wi grosse zahl?

Zu deines zornes Abendmahl,[160]

Dein Gegenprintz kommt an mit zehn der Reiche,

Das Jesuel fast schon zur halben leiche.


16.

Qual-Antioch! Du hast mit qual erwürgt.

Di Mutter dort und ihre siben Söhn!

Du quältest mehr, als dich Rom sibenbürgt,

Bis Sechs verdreht im Sibenbürgsgethön.

Nun quälstdu recht, als Hauptmonarche,

Versechsest dir di Bundesarche!

Das zehen Stämme dein Bezirk,

Weil du zugleich der Pabst und Türk.

Auf, Mesechs Gog! Auf, Fürst in Magogs landen!

Auf, Thubals Printz! Der Erbprintz ist verhanden.


17.

Reit an, O Gog mit deiner Magogspracht!

Der Perser folgt, der Lybier, der Mohr.

Der Gomer dint! Thogarma schenket macht!

Fall an mein Land, das ohne Maur und thor.

Auf, brich Jerusalem den friden,

Das nur von dir sich abgeschiden,

Und Gottes Kühlzeit ernst noch hegt:

Das nicht der neuen Kälber pflegt.

Bewolke si mit deinem zehn der Fürsten,

Di allesamt auf Antiochisch dürsten.


18.

Sätzt Jesus sich auf seinen Richterstuhl?

Sein Sechsgericht das bricht letzt stab und schlus.

Schleust Jesus ein den widerprintz im pfuhl?

Der Himmel strömt aufs neu mit Sodomsgus.

Der Magog hat sein end gefunden!

Selbst Satan wird mit Gog gebunden!

Das siben bleibet unberaubt,

Weil sechs vor beide nur erlaubt.

Dem siben wird der Neuwelt Gog einst stellen,

Daraus doch kommt der anbeginn der höllen.


19.

Triumfhosannt, gefallne Weltgeschöpff,

Ob Ost und Nord so bluttig anbeginnt!

Nehmt, Helden, feur von oben in di näpff.[161]

Beölt euch mehr, imehr eur öl verrint!

Zündt Rauchwerk an nach dem vermögen!

Der grosse Rauch wird euch nicht gegen.

Des Ostens allerschrekklichst Blitz

Verursacht Kühlung euer hitz.

Der donner brummt im Nordens frischem wasser:

Sein hagelkeil durchhagelt eure hasser.


20.

Verzaget nicht ob der Heuschrekken flug:

Si fressen nur des Babels baum und gras.

Es dinet euch ihr starker Mittagszug!

Ob Babel trutzt, wird es doch schnell ihr aas.

Geh hin, mein Volk, in deine kammer!

Verbirge dich vor disem jammer!

Dein Ruhsitz ist durch Gottesrath

Von der Natur bepallisadt.

Der bluttstrom ist der Frösche leichbegängnis,

Und wesentlich des Christi Reichs empfängnis.


21.

Wohl, Löwen, wohl! vollendt ist streit und krig!

Kotterisirt, wi Gott der Herr euch wis!

Kregelisirt vor disem Wundersig!

Christinisirt zum heilgen Paradis!

Hermannisirt in allen dingen,

Und Drabisiret mit vollbringen,

Das Gottessegen euch erquikk

Mit seines Jesusreichs geschikk.

Kein Pünctchen müss itz unerfüllet bleiben:

Ein wahrer Frid sol aller Ort bekleiben.


22.

Xerxiren war des stoltzen virreichs thun,

Das ferner nicht Christkönigen gezihmt!

Ihr sollt und müsst auf Jesuelisch ruhn!

Printz Jesus sei als PrintzenPrintz gerühmt.

Du Ostlöw hast di tauff empfangen,

Und must in Christi leben prangen!

Du Nordenlöw, dein Beispil gläntz

Dem Ostlöw für im Christenlentz.[162]

Ringt, Löwen, ringt um wahre Christustugend.

Gedenke du des Alters, du der jugend.


23.

Yorks Kreutz ist A.U.S! Ein neuer Himmel sonnt!

Di neue Erd begehrt auch neu geschlecht!

Weg, waffen, weg! Di Fridzeit wird bewonnt!

Vergangen ist das alte krigesrecht!

Eur krigszeug wird zum Fridgeräthe,

Di Schwerdter sind, das man nun jäte!

Pfeil, Bogen und dergleichen Stoltz

Wird schon zum Vorspilfeuerholtz!

Verschmeltzet sind di Büchsen und Carthaunen!

Stat alten grimms trompeten lustposaunen!


24.

Zwölf Reiche sind nun worden aus der welt,

Dar eintracht blüht im wahren Christenthum!

Wi herrlich ist, was schon aus ihnen hellt,

Da si nur sind des ersten Frühlings blum.

Auf, Freunde von der Braut des Lamms!

Zwölfstämme des erwählten stamms!

Ach, das du weiser Salomon

Unglükklig wirst in deinem Sohn!

Getrost! was dir ging euserlich verlohren,

Wird geistlich nun und leiblich krafftgebohren.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 156-163.
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