Der 13. (28. 103.) Kühlpsalm

[249] Grosaufbot, darinnen er zum Erstlinge der Jesusmonarchi des Kühlmannsthumes insonderheit aufbot di Kaiser, Könige und Printzen des Niderlandes, Grosbrittaniens, Frankreichs, Portugalls, Spaniens, gantz Africens, Palestinens, mit allen Eilanden des Mittelländischen Meeres und gantzen Oceans: ingemein aber alle Lande bis an des Pabstes untergang, und der Türken bekehrung in drei Theile zum grossem Hauptkrige des sechsten allgemeinen Gerichtes schid; zu Amsterdam im Julius 1684.


1.

Ihr Erstling Jesuels, sibzehnes Niderland;

Britannsche Königreich; Frantzösche Monarchi;

Du Ort, den Portugall; den Spanien umschrenkt;

Peninsul Africens mit deinen Millionen;

Egypten, Mohrenland, Canare, Madagascar:

Du heilig Land, des Davids Sitz,

Und meines Salomons ruhausgestrekkte Gräntze!

Auf, Auf! Bereitet euch zum Abend diser Welt!

Vollführt, vollführt JehovaJesus Wort,

Das er so längst bezeugt durch Wunder und Propheten!
[249]

2.

Erkohrnes Kühlmannsthum, des Kaiserthumes fall!

JehovaJesus wählt den Frantzen Ludewig

Durch Drabitz den Prophet zum A.M.A.L.ekks Gericht!

Er gab ihm macht und stärk dem Leopold zum zeugnis.

Allein er that als Saul, vergas des Schöpffers willen,

Das Samuel auch ward erwürgt

Vom bluttgem Leopold, weil er den Ludwig keisert!

Auf, Auf! Vernehmet nun, was Kühlmann euch befihlt,

Den endlich Gott stat des verworffnen rif;

Dem Zepter, Kron und Thron Sauls ungehorsam reichet.


3.

Herr Jesu, Sprich durch mich, was ich aussprechen sol!

Aufbite selbst dein Volk, das du durch mich aufbitst!

Dein ist nur Kron und Thron, den du nur widerbringst,

Als Vater Adam hat auf ewig ihn verschertzet!

Dein ist, was du mir gibst! Dein sol es ewig bleiben,

Was du im geist durch mich regirst!

Ich bin dein Werkzeug blos! Las dich in allem sehen,

Wi vor dein Vater ward in deinem Werk gesehn!

Verherrliche, den du im geist gebahrst,

Das dein allein di ehr im Himmel und auf Erden!


4.

O Völker, Merket auf von nah und in der fern!

Jehovah gab di Erd dem Adam zum besitz,

Das er beherrschte si zu seines Gebers ehr!

Mein Jesus, Gottes Sohn, der eingebohrne Gottes,

Das Wort, das selbst war Gott, und uns als Mensch erlöset,

Gibt mir di Erd zu seiner Ehr.

Das Recht, das Adam hatt von seinem Gott empfangen,

Ist Adams Sohn durch Jesum neu ertheilt.

Was alle Welt von anbeginn gesucht

Durch alle tausende, dis ist nun einzuerndten.


5.

Unendlich ist der strahl, durch Jesu strahl bestrahlt,

Der in mein hertze fihl aus meines Jesu hertz:

Er wird erleuchten euch mit Weisheit und Gericht

Nach Gottes eignem Rath, den Jesus selbst verklähret.

Di Weisheit zeiget uns der Wunder Wunderspigel

Im himmlischem Original:[250]

Gerechtikeit di lässt dem Babel ihre länder,

Bis der Propheten Wort durch alles höchsterfüllt.

Der höchste Frid ist offen unserm Land,

Wann höchster grimm und Krig dort Babylon zerschellet.


6.

Auf, auf, mein Amsterdam! Auf, London! Auf, Paris!

Auf, Lissabon! Auf, Fess! Alcair! Jerusalem!

Bereitet, Siben, euch zum Erstling unser Städt,

Weil Gott euch dise würd vor andern Städten schenket!

Vernehmet das gebot, das euch mein Jesus gibet

Durch seinen Sohn und euren Printz!

Gehorsamt voller lust, eh unser Goldschwerd schneidet,

Durch das in einer nacht, der uns verschmäht, verging.

Gott gib mir krafft und meines Jesu geist,

Das weder Geist noch Mensch mir seinen schlus wird hindern.


7.

Iehovah sei eur Gott, den Moses hat bekand!

Mein Jesus euer Christ nach der Apostellehr:

Der heilge Geist eur licht nach der Kühlbücher grund.

Der Vater sei im Sohn als wahrer Gott geehret,

Und sei zugleich der Sohn im Vater angebeten

Als Gott mit Gott dem Heilgem Geist.

Kein ander nahm noch Gott erschall aus euer lippe,

Wi auch kein ander Gott noch war noch ist noch kommt.

Gott Vater, Sohn und Geist sei euer Gott:

Nach dessen Bild der Mensch ist einer, doch dreieinig.


8.

Habt, Völker, Gott als Gott, und betet als Gott wil!

Werfft alle glauben weg, di Gott euch nicht gebeut!

Der einge Gott sei Eins in ider Nation!

Ein einger Gottesdinst mit einerlei Maniren

Sei aller Gottesdinst in idem Land und sprache!

Ein Gottesdinst, der vom Gesätz

Und Evangelium als Kühlbund ausgegangen,

Wi Gott der Heilge Geist vom Vater, Sohn ausging!

Di Predigt, Tauff und Abendmahl sei Eins,

Wi Jesus Christus si vor unsre Kühlzeit ordnet.


9.

Ein nahmen werde nun der nahmen ider zung!

Hasst euren unterscheid! Seid Brüder allesamt,

Von einem Stamm erzeugt, von einem Christ erlöst!

Eur nahmen, Israel, und euer nahm, ihr Christen,[251]

Verschmeltze völlig nun zum nahm Jesuelitter;

Zum nahmen, der von Israel

Und Christen wesentlich als Jesusfrucht geflossen,

Wi Gott im anfang euch zu seinem bildnis schuf.

Ein Fürst und Volk und einerlei Gesätz:

Jehova Jesus Gott und Kühlmann euer Kühlmann.


10.

Scheinchristen, leget ab di Menschennahmen gantz!

Wir dulden keinen nicht, noch minder Menschentand!

Was nennt ihr euch vom Mann? Von tauffen, zittern, lehr?

Von disem oder das? Vom euserm oder innerm?

Was gutt im Waldus war, im Wiclef, Hussen, Zwingel,

Luther, Calvin, Comen, Rothe,

Dis steh geläutert aus zum nutzen aller Völker

Als eine Jesusfrucht, dem Pabstthum stets zur scham!

Was nicht bestund in unser feuersprob,

Dis sei vergessen gantz, im feuer Gott geopffert.


11.

Umwerfft di falschen schlüss und eigne bünd und sünd

Mit denen allen ward das Schrifftbuch hochbeflekkt,

Das ein Gewissenszwang stat Warheit eingesätzt.

Di Schrifft sei eins im text und ihrer Übersätzung!

Seid, Manche Lesungen, der Nachzeit gar verborgen,

Weil Gottes Geist den Text selbst reint!

Werfft di Capittel weg mit allen den Versiculn,

Mit ider eignen gloss und den Summarien!

Kein Wort sei zu noch ab dem Gotteswort,

Das eine einge Schrifft vor di Jesuelitter.


12.

Schafft allen Zwispalt ab um dis und jenes Wort!

Lasst selber Gottes Geist eröffnen euch di Schrifft!

Geht in di Libe ein, di ide Sect verlohr.

Di Libe waristwird zur heilgen Schrifft der Schlüssel:

Gebet schenkt euch di lib in einfalt und Gehorsam.

Gott wohnt in euch als seinem Wort,

Wo ihr sein Wort in euch durch Jesuswort gepflantzet.

Ihr habt in euch di Schrifft, di euch di eusre klährt,

Und tausendfach zur eusern Schrifft euch führt,

Weil si zur innern der grosse Hauptprobirer.
[252]

13.

Was heut verdunkelt ligt im alt und neuem bund,

Dis klähret völlig auf das Kühlungsordnungsbuch.

Mein Jesus pflag mit Uns in Drabitz seine lust,

Wann er mit ihm vorspilt, was wir ausführen sollen.

Wi Drabitz predigt, taufft, das Abendmahl austheilet,

Den König salbt, ausrufft und ehrt,

Zum Türkschen Kaiser zeicht, den eid mitthut in Olmitz,

Nach Ulm, nach Lipnik kommt, persönlich rath ertheilt!

Singt, fastet, schreibt, list, betet, widerlegt:

So ist Uns nun zuthun nach allem disen muster.


14.

Itzt wird Kotterus ernst als wahrer Kühlprophet

Zum König Friderich nach Breslaw abgesandt!

Nun eilt er nach befehl, weil er siht seinen Sig,

Das Friderich Gott lobt und merkt auf seinen warnung!

Itzt bringt Christin den brif, den si so lang geschriben,

Und übergibt, was Gott befahl:

Itzt sihet Drabitz aug in Breslaw seinen Segen:

Versteht, warum zu ihm in hochteutsch Jesus sprach.

Er gibt di stimm und wählt vor aller Welt,

Weil er nun völlig siht des Glaubens krafft-geheimnis.


15.

Recht schämt sich Ferdinand nun seiner Kaiserwahl,

Als Kotter sätzt di Kron aufs haupt dem Friderich,

Und Sachsen fället ihm, wi auch beim Drabitz, bei!

Recht geht nun Friderich halb schlaffend zu der Krönung,

Ob Ost und Norden rufft und alles voll gesichter,

Wi es Christine leiblich siht!

Recht wolte Drabitz flihn, und hat genug verschüttet,

Durch Leopoldus trug das Kaiserlich gerücht!

Nun schmekkt er erst di Kostbarkeit und süss!

Selbst Jesus führt nun A.V.S., was er ihm vor verheischen!


16.

Der ernst zu Mosen rufft und zur Apostellehr,

Empfängt den Kühlbund bald, der beiden Bünde Frucht.

Wer nun auf Mosen schreit, und Jesum selbst verwirfft,

Den wird selbst Moses streng am jüngsten Tage richten.[253]

Wer Drabitz heut verwirfft, der hat sein heil verworffen;

Er kreutziget den Jesusgeist.

Kein einger lebe mehr im gantzem Kühlmannsthume,

Der Jesum Christum mehr zu lästern untersteh,

Sonst frisset ihn der fluch augblikklich weg!

Das Feuercentrum wird mir meine Völker läutern.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 249-254.
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