Der 6. (21. 96.) Kühlpsalm

[202] Als sein dritter Vorbote, Höllgrafe, gegen alle ausdrükkliche verbote, das Reiszeichen nach Irrland zu dem unsichtbahrem Nordenvolk, den Lapis, Urim Thumim, di weisblaue kleidung, di Brife zu den Nymfen, der Badhorsrotte verrith, mit ihnen anspannend, und er den 14 und 20 Octob. ihm doch antwort von den Nymfen brachte auf sein schreiben beängstiget angestimmet zu London den 21 Octob. 1683.


1.

So weit ist mir, Herr Jesu Christ, geholffen!

Ich bin durch dich itz bis hiher gebracht.

Der Port ist nun für augen:

Doch di Gefahr weit grösser, als imals.

Ich segel drauf durch dich voll krafft, voll glauben,

Und schöpffe mutt in gröster angst.

Du bist vor mich versuchet:

Unmöglichst ist, das ich solt sein verletzt,

Dein eignes Kind, in deinem eignem wunder;

Durch dich aus dir um dich zum wunder auserwehlt.


2.

Welch Vater wil sein Schoskind von sich stossen?

Verlassen es, wann es der Feind umringt?

Es lässt mich nicht mein Schöpffer:

Du Satan bist gefallen nur durch dich.

Du solst kein haar durch alle fälle kränken.

Ich stürm auf dich mit starkem sturm:

Mein Jesus wird mich waffnen,

Beharnischen mit seiner wundermacht.

Mein Jesus ist in mir der rechte kämpffer:

Mein Jesus siht nur zu, was du vor Torheit meinst.


3.

Du Höllenhund! Sih hir durch Jesum ketten!

Dein rasen ist an seinem kind umsonst.

Ich wil dich ernst anfesseln,

Und legen dir in rachen ein gebis.

Dein Rauchloch sol nun offentlich dich räuchern,

Das alle Welt seh deine schand.

Dein Sibenkopff kommt offen,

Und all dein gifft trifft dich nun, Drache, selbst.[203]

Mein Lamm stösst dich zur höll mit siben hörnern:

Brüllt an, als Löw, dich Löw, empfangend deinen raub.


4.

Du hast umsonst so offt mir widerstanden,

Besudelnd mich vor disem gantzen Rund.

Vergebenst wird dein wütten:

Du bist herab, und sinkest ewiglich.

Dein falscher Geist hat mich nur ausgekörnet,

Als du in Gottesnahmen sprachst,

Gesichter gabst betrüglich,

Als du mich mahlst mit deiner eignen schwärtz.

Ich werfe A.L.L.S. in Gottesprüfungsfeuer:

Was dein ist, bleibt dem Tod, und scheidet sich vom gutt.


5.

Mein Vater, gib durch Jesum wahre weisheit,

Zum scheiden recht das gifft von deinem gold.

Verneue mich vom hertzen,

Das mich dein hertz in meinem hertzen hertz.

So werd ich recht nach deinem Rechte läutern,

Bis widerum ward offenbahr

Das Gold der Adamsunschuld,

Durch Noachs stamm, durch Sem und Abraham,

Durch Jesum Christ, durch zwölfe der Aposteln,

Durch alle Märtyrer bis an das Jesusreich.


6.

Mein Jesus, las mich treulich dir vorrennen,

Das wider werd dein Vater neu versöhnt.

Di stund ist da des bannes,

Weil alles Volk hat meist sich abgewand.

Tritt, Jesus, tritt mit mir voll ernst ins mittel!

Zeuch dein Geschöpff zum Vater, zeuch!

Ach segne mich dein Knechtchen

Mit deinem Geist vermillionenfach!

So werden dir zulauffen alle Völker,

Das du einerndtest ernst di gantze Reicheszahl.


7.

Gott, heilger Geist, sei meiner sinnen Meister!

O gehe aus in mir von Gott aus Gott!

Eröffne mir di augen,[204]

Das alle Welt Gottäugicht endlich werd!

Last mich di nacht mit ihrem Printz vertreiben,

Das ides Land sei Christbetagt!

Es ströhme mir dein siben,

Das sibeneins erscheine di Natur!

So ist mein Gott, als Einer, neugepreiset,

Und Christ in Adam dann zum Kühlheld hergestellt.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 202-205.
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